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Beach Volleyball in Zeiten des Krieges


Bis vor kurzem musste der arme Tomas immer (im Bikini) zur Belustigung des Chefredakteurs vor einer Webcam tanzen. Jetzt, da DOA: Xtreme Beach Volleyball in den Händlerregalen steht, wird Tomas wohl demnächst arbeitslos. Was unser Gaststar Felix Knoke zu dem Spiel zu sagen hat und welche Aufstiegsmöglichkeiten Tomas auf einer südafrikanischen Bananenplantage erwarten, erfahrt ihr möglicherweise in dieser exklusiven Kolumne:

Steckt im voyeuristisch angehauchten Xbox-Spiel vielleicht doch mehr, als man denkt?
Die Haare betonblockartig in Richtung Nacken gegelt. Das Lächeln TippEx-Weiß und durch nichts zu erschüttern. Eines ist klar: Zack ist ein Bilderbuch-Amerikaner. Und Zack ist ein Frauenschwarm. Zack ist der Inhaber der Südsee-Insel Zack Island, der Insel, auf der Tecmos Dead or Alive Xtreme Beach Volleyball spielt. Einem Spiel, das viele Fragen stellt - und offen lässt…

Auf Zack Island landen sie alle, die Kämpferinnen aus der sicherlich legendären DOA-Reihe. Zack ist der einzige Mann, der es aus dem Kampfring, in die Südsee geschafft hat. Zack ist reich. Ein typisch amerikanischer Bonze. Und die Mädchen fahren auf ihn ab. Das weiß er. Und wahrscheinlich deshalb lässt er die Mädchen Volleyball spielen, in knapper Badekleidung am Strand räkeln und zu horrenden Preisen auf seiner Insel residieren. Das ist die, räusper, Background-Story von DOAXBV.

Der neuste Spross für die Xbox ist auch sonst radikal: der Amerikaner ist Klischee, alle Mädels perfekt und schön, die Story ist so haltlos wie durchgestylt, die Technik legt neue Maßstäbe und noch nie fragte man sich so sehr, was man da gerade eigentlich macht. Sinnlosigkeit im High-Tech-Gewand?

In DOAXBV geht es nicht wirklich um Beach Volleyball, wie in die Irre geleitete Zeitgenossen annehmen könnten. XBV (ich muss weiter abkürzen!) ist viel weniger, und dadurch viel mehr als nur das. Nachdem man sich eine Spielfigur aus einer netten Runde junger Damen in knappen Badekleidchen ausgewählt hat (die süße Nitomi oder doch lieber die eiskalte Christie?) geht es mit der Maus (entschuldigt) erstmal zum Einkaufen. Schock. Da kann ich für tausende von Dollar Bikinis, Badeanzüge, Sonnenbrillen, Colliers, Schirmmützen, Kunstblumen, Kuchen, Nachtisch und Diamanten, aber auch Nagellack und - stöhn - Nagellack-Entferner kaufen. Wozu das? Diese Frage stellt man sich nicht nur einmal. Wenigstens in diesem Fall gibt es eine eindeutige Antwort:

Lass uns einkaufen gehen, Süßer!
Alle Kleidungs- und Schmuckstücke kann man seiner Spielfigur anlegen. Das funktioniert wunderbar und sieht ungemein schick aus. Hier der Caro-Bikini, dort die Silberkette und ganz verwegen: eine Neon-Schildmütze oben drauf aufs hohle Birnchen. Alle Waren, besonders natürlich die teuren, lassen sich aber auch an die anderen Volleyball spielenden Mädchen verschenken. Schon wieder schleicht sich das nächste "Warum das?" an.

Beach-Volleyball kann man nicht alleine spielen. Um aber eine Mitstreiterin zu gewinnen, muss man diese erst mit teuren und passenden Geschenken beeindrucken. Jedes Mädchen hat andere Vorlieben - und sollte einer der silberne Badeanzug nicht gefallen, schmeißt sie ihn am nächsten Tag rigoros in die Mülltonne, wie uns eine lakonische Textnachricht nach dem Aufstehen mitteilt. Aufstehen?

Und die Tage zergehen wie Wassereis im Sand
XBV ist in Tage unterteilt. Und zwischen Sonnenauf- und -untergang kann man gerade mal drei Volleyball-Spiele spielen. Sollte niemand Lust auf eine Partie mit der Protagonistin haben, kann sich diese aber anderweitig vergnügen. Entweder faul am Strand liegen und sich völlig sinnbefreit sonnen und räkeln (und dabei mindestens vom Computerspieler angestarrt werden!), oder sich an den Hotelpool legen und ab und an gegen Geld ein Geschicklichkeitsspiel absolvieren. Einfach durch geschicktes von Luftmatratze-zu-Luftmatratze-Springen den Pool überqueren und Kohle scheffeln. Die kann dann entweder für teure Kleidung, Geschenke oder sogar für Glücksspiel im Kasino ausgegeben werden. Black Jack, Roulette und Slot-Automaten stehen dort zur Auswahl - mit ein wenig Glück kann man hier den großen Reibach machen und noch reicher nach Hause gehen. Wir erinnern uns: Nagellack kostet ein paar tausend Dollar!

Sandstrand oder Treibsand?
Und wenn man so ein paar Tage im trauten Paradies verbracht hat, merkt man erst, wie tiefgründig XBV nach und nach wird - und was das Präfix DOA - Dead or Alive wirklich zu bedeuten hat. Denn die hehre Glückseligkeit herrscht auf Zack Island nicht. Die Mädchen sind zerstritten, zanken und beißen sich. Und wer keine tollen, teuren Geschenke macht, ist raus aus dem elitären Kreis der Kämpferinnen - und muss sich noch viel teurer und mühseliger wieder die Freundschaften mit geringer Halbwertszeit erkaufen. Reich oder arm, tot oder lebendig, dead or alive! Ohne Geld läuft hier nichts. Und wenn dann, wie oben beschrieben, ein Geschenk nicht taugt, möchte man der undankbar Beschenkten am liebsten an die Haare gehen, zerren, kratzen, beißen. Aber das darf man nicht. Abreagieren kann man sich höchstens auf dem Volleyball-Feld. Und wem ein besonders harter Schmetterball gelingt, nietet auch schon einmal eine Kombattantin um.

Und das soll es gewesen sein? Ein bisschen Social-Sim, ein bisschen Geschicklichkeit, Glück und Sport? Wenige Spielmodi, unausgegorenes 2 Spieler-Multiplayer-Gewusel? Spielerisch verpacktes Voyeur-Futter für die Xbox? Plus eine dicke Prise Weiblichkeits- und Männlichkeits-Satire? Das soll es gewesen sein?

Ein Tag am Strand - Sonnenbrand am nächsten Morgen!
Nein, das ist es! Was hier als kleines Potpourri von Mini-Games und toller Grafik daherkommt, ist mehr als die Summe seiner einzelnen Teile. Eine Sandburg besteht ja auch nicht nur aus Sandkörnern, um den Vergleich zu wagen. Wer mit sowieso ständig offenen Augen das Treiben auf Zack Island verfolg, muss sich oft genug verwundert den Sand aus den Augen reiben. Ist das jetzt zynisch oder einfach nur naiv? Meine Entscheidung steht fest:

Wenn zum Spielende Zack, der bonzige Ami, mitsamt seiner Insel in die Luft geht, fragt man sich gerade noch: Wie? Dieses wunderschöne Paradies - und dann eine so große Explosion. Tot und Verderben? Aber nein... die Kamera schwenkt wieder auf die Trümmerteile, die einst ein Urlaubsparadies waren, fährt heran und entdeckt Zack. Der sitzt auf seiner eigenen Statue, die der Freiheitsstatue nicht unähnlich ist. Nicht glücklich, aber am Leben. Und dann taucht unbemerkt hinter ihm ein große, große Hai auf - und schnappt zu!
Vielleicht versteckt sich in Dead or Alive Extreme Beach Volleyball doch mehr, als man zuerst vermuten mag. Armer Ami!


Felix Knoke - 12.04.2003