Huphup, huphup, hup, huuuuuuuuuuuuuup. „Was um Himmels Willen ist das?“ denke ich, während ich in meinem Bürosessel hinter dem Bürgermeisterschreibtisch vor- und zurückwippe. Hat unser Fußballverein die Meisterschaft gewonnen oder läuft im Talon-Cinema die Premiere von „Hupe, wenn Du geil bist“? Ich schaue aus dem Fenster und stelle fest, dass es weder das eine noch das andere ist. Viel schlimmer: Meine Stadt erfährt gerade einen Verkehrskollaps. Die Autos stauen sich auf den Straßen – nichts geht mehr vor und noch weniger geht zurück. Der Straßenverkehr ist zum Erliegen gekommen.

Auf dem Dach des Rathauses wird der Helikopter bereitgemacht. Ich muss mir die Situation aus der Luft anschauen. Über den Polizeifunk ist von ersten Ausschreitungen zu hören. Plünderungen und randalierende Rowdys haben ihre Autos stehen gelassen und ziehen nun durch mein kleines Städtchen. Ich steige in den Helikopter und hebe ab. Von Oben sieht das ganze richtig gefährlich aus. Ein Unfall ist jedoch nicht zu erkennen. Die Straßen konnten das Verkehrsaufkommen einfach nicht mehr bewältigen und werden nun zum Nadelöhr. Ein klares Zeichen dafür, dass das Budget für eine Straßenerweiterung her muss. Auf dem Rückflug zum Rathaus trommele ich meinen Stadtrat zusammen – Zeit für ein Meeting, Zeit für die Umstrukturierung des Verkehrsnetzes. Zeit, Fakten zu schaffen!

Seit nunmehr 18 Jahren sorgt Will Wrights Vision einer Städtesimulation für hohe Abverkaufszahlen beim Publisher. Kaum zu glauben, dass dieser Erfolg auf den Kopf eines einzelnen Mannes zurückzuführen ist. „Ich sagte den Leuten, ich würde ein Stadtplanungsspiel entwerfen – alle schauten mich an, rollten mit den Augen und sagten ‚Oh Will, das wirst Du’“ sagte Wright einmal einer amerikanischen Zeitschrift, nachdem das Ur-Sim-City seinen Siegeszug angetreten hatte. Die Idee kam ihm bei der Entwicklung des Spiels „Raid of Bungeling Bay“, bei dem man mit einem Helikopter verschiedene Inseln angreifen musste. „Ich hatte schon damals mehr Spaß daran, die Inseln zu erschaffen, als sie mit dem Helikopter zu zerstören. Bereits zu der Zeit interessierte mich die Stadtplanung mehr – vor allem die Theorien von Jay Forrester.“

Nachdem Sim City 4 nicht bei jedem Fan der Serie Freudentränen über die Wangen laufen ließ, schiebt Electronic Arts nun mit „Rush Hour“ das passende AddOn nach, das auch den Kritikern des Hauptprogramms die Münder stopfen soll.

Fühlst Du Dich reif genug, eine ganze Stadt zu übernehmen? Sim City 4 Rush Hour legt die Geschicke in Deine Hände. Sei für Deine Bürger da, wenn sie sich nicht mehr wohl fühlen. Errichte Ihnen einen Ort, an dem Sie sich einfach nur heimisch und geborgen fühlen können. Zeige, wie Du gegen die Arbeitslosigkeit vorgehen wirst. Bekämpfe die Kriminalität und behalte dabei das Stadtbudget im Blick. Wer Sim City 4 Rush Hour kauft, sollte wissen worauf er sich einlässt. Sim City 4 kennt Ihr also bereits. Was also kann Rush Hour bieten, kann es überhaupt etwas bieten? Nun, diese Frage kann man eindeutig mit Ja beantworten.

Rush Hour gibt es vor – im dicksten Straßenverkehr braucht das Land neue Verkehrswege. Vierspurige Landstraßen, so genannte Alleen, können dabei große Verkehrsaufkommen in einer Stadt besser verkraften als normale Stadtstraßen. Wer stattdessen den Verkehr über bestimmte Verkehrsrichtungen kontrollieren mag, gibt mit Einbahnstraßen den Weg vor, den Autos zu fahren haben. Auch die Autobahnen erfahren einige Neuerungen. Einerseits gibt es nun ebenerdige als auch erhöhte Autobahnen, andererseits fügen sie sich nun optisch wesentlich harmonischer in das Stadtäußere ein, enden sie doch nun endlich in Alleen statt einer Sackgasse. Dies wirkt im Stadtbild wesentlich ansehnlicher als noch in Sim City 4.

Abseits der Straße stehen Euch in Rush Hour künftig verschiedene Transportmöglichkeiten zur Verfügung. Hochbahnen für stadtweite Fortbewegung, Monorails dagegen für regionalweite Transporte können – sofern Budget verfügbar – gebaut und eingesetzt werden. Fans der „alten Eisenbahn“ bekommen in Rush Hour ihren eigenen Großbahnhof spendiert.

Nachdem ich den ganzen Tag auf meinem Hintern im Bürgermeisterbüro gesessen habe, will ich wissen, was es neues in meiner Stadt gibt. Als bürgernaher Vertreter des Volkes (ja, das gibt es noch!) begebe ich mich hierzu persönlich zu den Einwohnern der Stadt. So höre ich, welche Sorgen sie in ihrem Wohngebiet haben, wo der Schuh drückt. Ich möchte jedoch meine Stadt erkunden und sehen, was auf den Straßen so los ist. Also begebe ich mich einfach per Auto auf Tour. Vorbei an den Maisfeldern, hinein in die Stadt. Rechts sehe ich Fordman´s Shop. Ein Kaffee wäre nicht schlecht. Schau ich doch mal schnell im Talon vorbei.

Bei der Wahl des Gefährts bin ich jedoch nicht nur auf einen bestimmten Wagen festgelegt. Ich kann wählen ob ich mit einem Schulbus, einem Streifenwagen oder einem Feuerwehrauto fahren möchte. Wer jedoch nostalgisch bedingt Schienenwege bevorzugt, darf gerne mit dem Zug losfahren. Oder nutzt gleich das Schiff, den Helikopter oder ein Flugzeug. Kleine Missionen (Verbrecher jagen, Kinder zur Schule bringen, ein Haus bombardieren, etc.) lockern das ganze etwas auf, sorgen aber auch für den ein oder anderen Frustmoment. Durch die Stadt zu navigieren bedarf halt vorher einiger Übung. Erfolgreich absolvierte Missionen sorgen nicht nur für gute Stimmung in der Stadt, sondern auch für den einen oder anderen Dollar in der Stadtkasse. Insgesamt 80 Missionen stehen Euch hierbei zur Auswahl. Dabei seid Ihr nicht nur auf der guten Seite der Macht. Wer lieber den Darth Vader raushängen lässt, darf gerne als Bürgermeister auch für den Oberschurken der Stadt tätig werden. Ob Euch das jedoch bei den Bürgern viel Ansehen einbringt? Findet es heraus – ich bin viel zu friedlich und herzensgut, um Euch hierüber berichten zu können :).

Grafisch hat sich seit dem prächtigen Sim City 4 nicht wirklich viel getan. Nur in kleinen, aber dafür entscheidenden Punkten, hat Maxis den Schraubenzieher noch mal angesetzt. So verfügt Rush Hour über vier verschiedene Architekturstile: Chicago 1890, New York 1940, Houston 1990 oder gar zeitgenössisch-europäisch sehen Eure Gebäude aus. Änderst Du den Stil während des Spiels, werden alle neuen Gebäude entsprechend errichtet. Alte Gebäude dagegen bleiben bis zum Abriss im alten Stil erhalten. Wie schön eine Stadt im Wandel der Zeit ausschaut, könnt Ihr so nun live mitverfolgen. Natürlich könnt Ihr es auch dem Programm überlassen, ob es einerseits die Stile in einem bestimmten Zeitintervall automatisch ändert oder aber andererseits alle Stile auf einmal nach Gutdünken verwendet.

Nach wie vor erklingen aus den Boxen meiner Bürgermeister-Soundanlage leisere Töne. Beruhigende Musik hat der Soundmagier von Maxis den genervten Bürgermeistern da serviert. Wem sie nicht gefällt, der kann natürlich auch auf den eigenen Radiosender umschalten. Wer dagegen das Büro verlässt und einen Schritt vor die Tür macht, dem fliegt der Sound von geschäftigem Treiben, quietschenden Reifen und hupenden Autos entgegen.