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GTA: Vice City


Bevor wir uns der armen Kreatur "Uwe Billen" annahmen und sie als Newssklaven bei Spieleflut.de einstellten, lebte der allseits beliebte Ubi von den Erlösen gewöhnlicher Kleinkriminalität. Ob es nun die mit allerlei Moneten gefüllte Handtasche einer älteren und kurzsichtigen Frau war, die kurzerhand gegen einen Kartoffelsack eingetauscht wurde, oder ob es die sündhaft teuren Pokémon-Sammelkarten waren, die der Ebay-Powerseller "Hehling_Ubi" auf den Schulhöfen dieser Nation mit einem geschickten Handgriff "erpresste" - unser Ubi lebte gefährlich! Nur gut, dass er jetzt bei uns GTA: Vice City testen durfte!

Auch ein Jahr nach der Veröffentlichung des Action-Krachers GTA III ist das Game noch in aller Munde. Dank der hervorragenden Mod-Unterstützung aus der Szene vergeht kaum eine Woche, in der nicht ein neuer Skin für die Hauptfigur oder ein neuer Wagen für die Straße verfügbar ist. Jetzt schiebt Rockstar Games mit GTA Vice City den Nachfolger hinterher, der sich anschickt, Mafia vom Genrethron zu stürzen.

Back in Time
Als Tommy Vercetti das Gefängnis von Liberty City verließ, stieß seine Rückkehr nicht überall auf freudige Gesichter. Ganz im Gegenteil. Sein Boss, Sonny Forelli, wollte ihn lieber erstmal aus der Schusslinie haben und entsandte ihn nach Vice City. Forelli wollte so zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Einerseits sollte Tommy sich dort von der Haftstrafe akklimatisieren, andererseits konnte er dort für ihn ein Geschäft abwickeln.

Leider läuft die Übergabe nicht so glimpflich ab, wie geplant. Eine Gang von unbekannten Gaunern mischt sich in die Abwicklung ein und klaut neben dem Stoff auch noch das ganze Geld. Dass Sonny darüber alles andere als glücklich ist, merkt Tommy beim Telefonat mit ihm. Er will sein Geld zurück – und zwar lieber gestern als morgen. Und wenn Tommy ein Morgen noch erleben möchte, sollte er schleunigst mit der Suche beginnen. Ihm zur Seite steht anfangs nur Ken Rosenbaum, der Anwalt von Sonny Forelli.

An dieser Stelle greift Ihr in die Story ein. Ihr steuert Tommy Vercetti auf seiner Suche nach Geld, Macht und Ruhm. Denn wenn er schon mal in Vice City ist, warum sollte er dann nicht mal die Stadt ein wenig aufmischen.

Stadt, Land, Fluss
Vice City zu beschreiben fällt zu erst schwer, denn in dieser Stadt gibt es soviel zu entdecken und zu erleben, dass es eine wahre Freude ist, alleine schon durch die Stadt zu cruisen und wie ein Tourist auf Erkundungstour zu gehen. Auf 4,25 Quadratkilometern erstreckt sich das Stadtgebiet, das alle Bereiche einer Großstadt aufbietet. Strandpromenade, Villenviertel, Geschäftswelt, Ghettos und Multikulti wohin man schaut. Geschäftsleute in feinen Anzügen und Kleidern auf der Straße oder in schnittigen Sportschlitten, Strandskater in Bikinis und Badehose, Ghettokids bei ihren Bandenkriegen und Arbeiter im Hafenviertel.

Wie schon in GTA III dürft Ihr Euch mittels Auto, LKW oder Bus in der Stadt fortbewegen. Kaum ein Wagen ist verschlossen. Darüber hinaus besteht jedoch die Möglichkeit, die Stadt diesmal auch per Zweirad zu erkunden. Hierzu stehen Euch Motorroller, Cross-Bikes, Rennhobel und Chopper zur Verfügung. Wer in GTA III verzweifelt versuchte, den DoDo in die Lüfte zu bekommen, sollte Vice City mittels Flieger oder Helikopter kennen lernen. Und wenn Ihr keine Angst vorm Wasser habt – schnappt Euch eines der Boote. Nur reinfallen – ins Wasser – solltet Ihr nicht.

Sesshaft werden oder welches Häusle hätten´s denn gerne?
Wem Vice City gefällt, der wird sich hier vielleicht auch niederlassen wollen. Zu Beginn der Story wohnt Ihr in Strandnähe im Hotel. Von hier startet Ihr zu Eurer ersten Mission, während das Hotel Euch vorerst als Speicherort dient. Bei Ken Rosenbaum erfahren wir, dass wir uns mal auf der Party von Senior Cortez blicken lassen sollten. Was tun? Mit unserem Hawaiihemd und der Jeans können wir uns natürlich so nicht dort blicken lassen. Also kleiden wir uns mit Rosenbaums kleiner Finanzspritze erstmal neu ein und machen uns dann auf den Weg zu Cortez’ Schiff. Im weiteren Verlauf bekommen wir von verschiedenen Gestalten Aufträge. Den Anwalt Ken Rosenbaum, Col. Juan Garcia Cortez, Kubaner Umberto Robina oder Cowboy und Immobilienhai Avery Carrington lernt Ihr im Verlauf der Story kennen bzw. sie melden sich bei Euch.

Wenn die ersten Moneten verdient sind, könnt Ihr Euch in Vice City Immobilien kaufen - Häuser und Villen, kleinere und größere Firmen. Sie bieten einerseits neue Speicherpunkte, an denen Ihr das Game abspeichern dürft, andererseits bringen Firmen neue Missionen mit sich, während im Preis der einen oder anderen Villa ein Helikopter inklusive ist. Habt Ihr alle Missionen, die Ihr mit dem Erwerb der Immobilie zu erledigen habt geschafft, bringt Euch das Unternehmen als Eigentümer fixe Einkünfte. Beispiel: Wenn Ihr mit dem Eiswagen Euren Stoff an 50 Kunden verkauft habt, generiert das Unternehmen gleich feste Einnahmen, während im Taxi-Unternehmen die Konkurrenz erstmal in mehreren Einsätzen ausgeschaltet werden muss. Oder vielleicht werdet Ihr Filmproduzent oder Autohändler?

Grafikpracht und Frusterlebnis
Vice City ist eine schöne Stadt, wenn man nicht gerade im Armenviertel herumkutschiert. An der Strandpromenade laufen Skater im Sonnenuntergang, Hochhäuser strecken sich gen Himmel, im Villenviertel steht eine Villa neben der anderen. Richtig schön sieht Vice City aus der Luft aus. Wer einen Rundflug unternimmt, sollte einfach nur mal die Aussicht genießen. Auch in den Straßen tummelt sich das Leben. Autos und Motorräder fahren umher, Fußgänger gehen über die Straße. Aber auch vor Unfällen sind die Bewohner nicht gefeit, bei denen der ein oder andere Fußgänger von einem wild gewordenen Autofahrer zu spät erkannt wird. Die Gebäude in Vice City sind teilweise begehbar, auf andere kann man per Leiter bzw. Treppen klettern. Zwischenszenen werden in Spielgrafik dargestellt. Wunderschöne Sonnenauf- und Untergänge sind zu beobachten, wenn man beizeiten in der Stadt unterwegs ist. Wer erstmals in Vice City ist, wird von der Pracht der Stadt erstmal erschlagen.

Bei näherem Betrachten stellt man jedoch fest, dass nicht alles Gold ist was glänzt. An manchen Stellen wirkt GTA Vice City einfach hässlich. Beispiel gefällig? Autos sind – vor allem im Innenraum - recht eckig, auch die Figuren wirken sehr kantig (an manchen stellen klaffen hässliche Löcher zwischen Ober- und Unterkörper – und das ist kein Bauchnabel). Zersplitternde Fenster und überfahrene Briefkästen zerplatzen lieblos in Polygone. Nicht begehbare Häuser sehen nur von weitem gut aus. Je näher man ihnen kommt, desto verschwommener werden die Texturen. Ein „Bug“, der bereits im Vorgänger für Ärger sorgte: Autos lösen sich noch immer in Luft auf, wenn man ihnen den Rücken zudreht. Und obwohl man sich über solche – teilweise – Kleinigkeiten ärgern möchte, findet man an anderen Stellen wieder kleine Gags, die dem Spieler einfach nur ein Schmunzeln entlocken: An wen erinnern Euch beispielsweise die Bühnentänzer im Malibu Club?

Rock me Amadeus oder die Stimme kenne ich doch
Unbestritten einer der Knaller in Vice City sind die verschiedenen Radiostationen wie „Wildstyle“, „Flash“, „Fever 05“, „V-Rock“ oder „K-Chat“, die Euch mit allerlei Hits und Geplapper versorgen. „Video killed the radio star“ von den Buggles, „Self Control“ von Laura Brannigan, „Kids in America“ von Kim Wilde – solche 80er-Jahre-Hymnen konnten für den Soundtrack verpflichtet werden. Darüber hinaus bekannte Bands und Künstler wie Iron Maiden, Nena, Foreigner, Michael Jackson, Kool & the Gang, Ozzy Osbourne, Reo Speedwagon, Mr. Mister, Toto, Tears for Fears, Spandau Ballet und eine der Bands der 80er: Frankie goes to Hollywood. Stilecht zu Vice City passt auch Jan Hammer´s „Crockets Theme“ aus der Serie Miami Vice.

Ja, man wird für sich seinen eigenen Sender finden, den man immer wieder gerne hört. Zugegeben – ich schalte meist auf „Emotion 98,3“ und „Wave103“. Wem keiner dieser Sender gefällt, darf – wie schon in GTA III – seine eigenen MP3´s ins Spiel integrieren. Kein Witz: Man ertappt sich immer wieder dabei, dass man aus dem Auto erst aussteigen möchte, wenn der aktuell laufende Song ausgespielt ist.

Nicht weniger atmosphärisch sind die Stimmen der Hauptcharaktere, für die Rockstar Games etliche bekannte Schauspieler verpflichten konnte. Ray Liotta (Copland) als Tommy Vercetti, William Fichtner (Der Sturm, Armageddon) als Ken Rosenbaum, Tom Sizemore (Der Soldat James Ryan, Perl Harbour) als Sonny Forelli, Dennis Hopper (Easy Rider) als Steve Scott, Haudegen Burt Reynolds konnte als Stimme des Cowboys Avery Carrington gewonnen werden und in Memory of Miami Vice spricht Phillip Michael Thomas (der Tubbs aus der Krimiserie) den Part von Lance Vance. In weiteren Sprechrollen zu finden sind u.a. Lee Majors (Ein Colt für alle Fälle, der 6-Millionen-Dollar-Mann), Fairuza Balk (Almost Famous), Gary Busey (Gefährliche Brandung) und Danny Trejo (From Dusk till Dawn). Letzterem ist seine Rolle zwar nicht auf den (fetten) Leib geschnitten – aber im Gesicht besteht eine unübersehbare Ähnlichkeit mit dem Schauspieler.

Der Rest passt in die Stimmung. Sportwagen hören sich an, wie Sportwagen sich anhören sollen, eine Chopper „blubbert“ (fast) wie eine Chopper und ein Cross-Bike knattert wie ein Cross-Bike.

Gang rein und los geht’s
Während sich die Wagen recht einfach steuern lassen und über unterschiedliche Fahrphysiken aber ähnliche Schadensmodelle (okay, ein Panzer bzw. ein Müllwagen ist schon stärker ...) verfügen, ist das Losdüsen mit dem Heli bzw. dem Flugzeug nicht ganz so einfach. Rockstar hat bei der Belegung der Steuerungstasten etwas daneben gegriffen und die ganze Sache nur unnötig erschwert. Vor allem bei Heli- und Flugzeug-Missionen, die unter Zeitdruck zu absolvieren sind, kommt da schon mal Frust auf. Ansonsten hat sich auch hier nicht viel gegenüber dem Vorgänger getan. Die Figur selber steuert Ihr mit Maus und Tastatur, die Autos könnt Ihr leicht mit den Pfeiltasten und der Leer-Taste fortbewegen.

So eine Tour durch Vice City macht allerdings schon Spaß. Egal ob auf dem Motorrad oder im Sportflitzer – das Driften durch die Straßen mit angezogener Handbremse ist schon ein starkes Feeling. Wenn man sich mal an die Helisteuerung oder ans Flugzeug gewöhnt hat, kommt man auch damit zurecht.

Ärgerlich ist, dass manche Missionen an der KI der computergesteuerten Figuren scheitern. In einer der Missionen muss eine Bank ausgeraubt werden. Hierzu startet Ihr mit drei weiteren Gaunern zur Bank, wo Ihr einen Tresor suchen müsst. Im ersten Versuch ist der Tresorknacker Cam von einer Wache erschossen worden. Also – neuer Versuch. Der brach schon vor der Bank ab, weil der Fluchtwagenfahrer die beiden Kompagnon, Cam und Phil, überfahren hat. Gutes Teamwork! Im dritten Versuch klappte der Überfall – wenn auch mit einigen Problemen, denn Cam blieb auf dem Weg durch die verwinkelten Gänge zum Tresor mehrfach an den Wänden hängen. Allerdings nicht ungestraft – zweimal bekam er von mir dafür eins auf die Schnauze! Hier könnte ein Patch wahre Wunder wirken.

Freigegeben ab 16 Jahren
GTA Vice City wurde in der PS2-Version kürzlich vom Markt genommen und in einer entschärften Fassung neu veröffentlicht. Die PC-Version erhielt von der USK eine Freigabe ab 16 Jahren – allerdings erst nach einem Kompromiss mit dem Hersteller. In der deutschen Version wurde auf Blut verzichtet, zudem fehlen zwei (wohl zu brutale) Missionen. Dennoch sind auch manche der gebotenen Missionen schon ganz schön happig. Ausschalten von Feinden, in die Luft sprengen von Geschäften und Gebäuden, Randale machen und Leute verprügeln. Und das ist noch nicht alles. Amokläufe unter Zeitdruck setzen dem Ganzen noch einen drauf. In Kinderhände gehört dieses Spiel auf keinen Fall, Jugendliche ab 16 sollten allerdings den Unterschied zwischen Game und Realität kennen. Moralapostel dürfen um dieses Spiel einen großen Bogen machen.

Fazit
GTA Vice City kam, sah und siegte – fast. Das Spiel ist ohne Zweifel DER Kracher für den PC und steht seinem Vorgänger in nichts nach. Größer, schöner, bunter und besser. Solch eine Handlungsfreiheit und non lineare Story gab es bislang nur im Vorgänger. Dank der Fans haben erste Modifikationen nicht lange auf sich warten lassen. Dennoch: Die bessere Grafik und atmosphärischere Story bietet ganz klar noch immer Mafia. Eine Wahl würde ich nicht treffen – beide gehören in Eure Sammlung. Wer GTA III liebte und Mafia bis zum Finale inhalierte, der muss sich GTA Vice City intravenös dranhängen lassen.


Uwe Billen - 09.06.2003



Gesamtübersicht: GTA: Vice City

Unsere Bewertung:

Langzeitmotivation:
92%
Sound:
92%
Grafik:
86%
Singleplayer:
90%
Informationen zum Spiel:

Hersteller:

Publisher:

Minimum: 1,2 Ghz Intel/AMD, 128 MB RAM, Windows 98/Me/2000/XP, 32 MB Grafik – DX9 fähig
System:

Engl. m. dt. Ut
Sprache:

Action
Genre: