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Port Royale Interview


In ganz Deutschland ist es angenehm warm. Mensch & Getier tummeln sich auf der Wiese oder jagen sich im Park. Doch was macht unser Uwe? Er lässt es sich nicht nehmen den Port Royale Projektleiter Daniel Dumont mit zehn feinen Fragen zu löchern. Das sehr ansehnliche Ergebnis seiner Quängelei könnt ihr euch natürlich bei uns ansehen.

1991 in Gütersloh noch unter dem Namen ASCON gegründet, startete ASCARON bereits früh durch. Bereits das erste Spiel - Der Patrizier - führte monatelang die Verkaufscharts an und erhielt von der Fachpresse Traumnoten. Bereits ein Jahr später folgte der zweite Megahit - die Anstoß-Serie war geboren und führte ebenfalls monatelang in den Verkaufscharts. Weitere Spiele folgten, wie zum Beispiel Pole Position (Formel 1 Management), Elisabeth I. (Handelssimulation), Das Hexagon-Kartell (Action), das Remake von Vermeer, Grand Prix 500, etc. Absolut überragend waren jedoch Anstoss 2 inklusive "Verlängerung", Anstoss 3 und Patrizier 2.

Im Jahr 2001 drohte dann das Aus für die Firma, deren Zahlungsunfähigkeit aber in letzter Minute abgewendet werden konnte. Die zwei aktuell laufenden Projekte sind somit nicht gefährdet und am 05. Juni 2002 soll das erste bereits im Handel erscheinen. Es ist Port Royale, das auch als inoffizieller Nachfolger zu Patrizer 2 gehandelt wird. Die Simulation versetzt euch ins 16. Jahrhundert, wo ihr durch erfolgreichen Handel immer mehr Einfluss auch in der Politik erhaltet. Aber Action, Abenteuer, Erkundung und Eroberung sollen in diesem Spiel ebenfalls nicht zu kurz kommen.

Wir vom Piratenschiff "Spieleflut" haben die ASCARON vor Port Royale gekapert und Projektleiter Daniel Dumont zum neuen Spiel befragt.

Fünf Eigenschaften, die Port Royale ausmachen - welche fallen Euch spontan ein?
Wirtschafts-/Handelssimulation, 3D-Seeschlacht-Action, Abenteuer, historischer Background und grafisch sehr ansprechendes Karibikflair.

Port Royale wird auch als der inoffizielle Nachfolger von Patrizier 2 gehandelt. Ist dieser 'Anhang' richtig oder seht Ihr Port Royale eher als eigenständiges Produkt?
Von der Entwicklungsseite her ist Port Royale auf jeden Fall eigenständig und nicht ein überarbeitetes PII oder so. Es gibt ja auch sehr viele Unterschiede – beispielsweise ist das politische System ein ganz anderes, die viel größere Spielwelt hat eine Auswirkung auf das Gamedesign und Seeschlachten haben in Port Royale eine viel größere Bedeutung. Auf der anderen Seite haben wir natürlich den Kern der Handelssimulation übernommen und aus Fehlern gelernt. Auch das Interface, obwohl es komplett neu entwickelt wurde, ist an PII angelehnt. Der Anhang heißt für mich soviel wie: Jemand, der PII geliebt hat, wird auch Port Royale lieben.

Port Royale wird über verschiedene Bereiche wie Aufbau und Handel, aber auch Abenteuer und Action verfügen. Wie hoch sind die ungefähren Anteile der einzelnen Bereiche?
Zu Beginn ist das Spiel natürlich sehr handelslastig, da ja erst einmal Gold für weitere Unternehmungen herangeschafft werden muss. Wenn man das Handelssystem erst einmal verstanden hat, wird man den Handel immer weiter automatisieren und sich mehr um den Aufbau seiner Betriebe und die Entwicklung ausgewählter Städte bemühen. Je weiter man gespielt hat, desto aufwendiger werden die Missionen, und so steigt auch der Abenteueranteil. Bei der Seeschlacht-Action verhält es sich etwas anders, denn es kommt ganz darauf an, wie sehr dem Spieler Action liegt. Ob er seine Seeschlachten automatisch von den dazulernenden Kapitänen führen lässt, ob er sie selbst durchführt oder ob er überhaupt jede Gelegenheit nutzen möchte, um feindliche Schiffe oder Städte anzugreifen, hängt ja vom Spieler selbst ab. Zusammenfassend würde ich Aufbau/Handel, Abenteuer und Action für ein normales Spiel anfangs mit 80/10/10 angeben, später mit 30/30/40.

Wie viele Missionen wird es in Port Royale geben?
Es gibt Missionen, die nur einmal vorkommen, es gibt aber auch Missionen, die generisch erzeugt werden. Insgesamt wird der Spieler, sofern er Interesse daran hat, pro Spiel über 100 verschiedene Missionen spielen können.

Wie wichtig ist für Euch der Mulitplayer-Aspekt bei Spielen?
Grundsätzlich sehr wichtig. Leider ist Port Royale wie auch schon PII, kein Spiel, das sich optimal auf den Mehrspielermodus übertragen lässt. Das liegt einfach daran, dass es sich um eine Wirtschaftssimulation handelt und die Spieldauer entsprechend hoch ist. Wir werden jedoch einen Netzwerk- und Internetmodus anbieten und haben auch die Option, dass man Spiele in diesem Modus abspeichern und später weiterspielen kann, auch über Internet, wieder eingebaut.
Des Weiteren besteht auch die Möglichkeit, spezielle Seeschlachten für den Mehrspielermodus anzubieten, was in späteren Internet-Upgrades durchaus möglich wäre.

Am 05. Juni ist das Erscheinungsdatum - was genau ist noch zu tun?
Wir sind am Feintuning. Das Handelssystem muss ausgewogen werden, einige Videos werden noch fertiggestellt und die allgemeine Stabilität muss sichergestellt werden. Außerdem werden noch Speicher- und Festplattenzugriffe optimiert, um die Performance zu erhöhen.

Wie werdet ihr eine bugverseuchte Version vermeiden und ein möglichst fehlerfreies Spiel auf den Markt bringen?
Wir geben die Version erst in Produktion, wenn alle bekannten Fehler aus dem Spiel heraus sind. Damit wir alle Fehler finden, beschäftigen wir sehr viele Tester, deutlich mehr als noch zu PII-Zeiten. Auch das Hardware-Testlabor läuft auf Hochtouren.

Die Spielebranche ist seit dem Amoklauf von Erfurt gehörig in die Schusslinie von Politik und Gewaltgegnern geraten. Es ist schwierig in Worte zu fassen, was an diesem April-Tag geschehen ist. Ascaron ist jedoch bekannt für familienfreundliche Spiele. Möchtet ihr etwas zu diesen Vorwürfen gegen die Spielebranche im Allgemeinen sagen?
Dies hier ist meine ganz persönliche Meinung, ok? Ich glaube wirklich, dass gewisse Spiele die Hemmschwelle zur Gewalt herabsetzen können. Auch glaube ich, dass diese Spiele die Aggression eines Spielers gegen seine Mitmenschen steigern können, denn hier spielen Menschen gegen Menschen. Von daher halte ich eine grundsätzliche Diskussion nicht für falsch. Es liegt jedoch nicht an den Spielen selbst, dass manche nicht mehr zwischen Spiel und Realität unterscheiden können oder dem Spiel eine zu hohe Bedeutung beimessen. Es liegt auch nicht an den Spielen, wenn jemand in seiner realen Welt keine Perspektiven mehr sieht. Umfeld, Erziehung, Spiele, Filme, Bücher, Nachrichten und vieles mehr trägt zur Entwicklung eines Menschen bei. Daher glaube ich, dass man nur einen sehr kleinen Effekt erzielen würde, wenn man beispielsweise einige Spiele verbieten würde. Auf der anderen Seite würde man sehr in die Selbstbestimmungsrechte aller Bürger eingreifen.
Für mich als Projektleiter ist es so, dass ich zwar sehr viele Shooter spiele, ehrlich gesagt aber bedenken hätte, wenn ich einen Shooter oder sonst ein Spiel mit direkter und realitätsnaher Gewalt umsetzen sollte, eben weil ich denke, dass manche Spieler vielleicht Probleme mit einem solchen Spiel haben könnten. Ähnliches gilt auch für das Label Ascaron. Wir werden weiterhin familienfreundliche Spiele entwickeln, schon allein deshalb, um für Abwechslung zu sorgen.

Wenn ihr könntet, was wäre euer Traumprojekt (vorausgesetzt, keiner schaut auf das Budget)?
Viele bei uns würden gerne mal ein Rollenspiel entwickeln. Oder eine Weltraumsimulation. Beide Spiele hätten eine riesige Welt, in der der Spieler zwar frei entscheiden und agieren kann, aber auch eine richtige Story miterleben darf. Bei der Weltraumsimulation wäre ich auch scharf darauf, ein geeignetes Handelssystem zu entwickeln, auch wenn der Spieler das Spiel komplett ohne Handel spielen könnte. Aber ein richtiges Wirtschaftssystem macht so ein Spiel auch authentisch und bietet eine gute Basis für Abenteuer. Und wenn wir schon dabei sind, würde ich dem Rollenspiel auch noch so ein System verpassen. Am wichtigsten wären aber die Superstory und die unzähligen Missionen und Abenteuer, die man erleben könnte.

Die finanzielle Lage von Ascaron machte in den vergangenen Monaten Schlagzeilen. Heute wurde bekannt, dass die Insolvenzkrise hinter euch liegt. Abschließend eine einfache Zukunftsprognose - was kommt als nächstes?
Ganz sicher keine neue Insolvenz, aber die Branche ist schwierig. Wir können zwar für eine hohe Qualität unserer Produkte sorgen, aber es besteht immer die Gefahr, dass man ein falsches Thema aufgreift. Daher versuchen wir immer, die vielen Kontakte mit unseren Kunden zu pflegen und frühzeitig Feedback von Presse und Vertrieb einzuholen. Immerhin haben wir nun wieder ein finanzielles Polster, um uns den Kopf für neue Ideen freizuhalten. Und wir haben gute Ideen. Gleich nach Port Royale beispielsweise macht sich das Team an die Konzeption und Planung des nächsten Projekts, es geht also immer weiter...


Uwe Billen - 11.05.2002



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