Pro Evolution Soccer 2009 (Xbox 360)
Der Ball ist rund, das Spiel dauert 90 Minuten und das Runde muss in das Eckige. Soweit so gut, aber die Welt des Rasenschachs ist noch weitaus komplizierter. Dies ist auch seit den seligen Zeiten von Kick Off in der virtuellen Welt angekommen, wo sich die "FIFA"- mit der "Pro Evolution Soccer"-Serie jährlich einen harten Kampf um die Tabellenspitze liefern. So auch in diesem Jahr, wo wir nicht den Sand in den Kopf stecken wollen und PES 2009 einem prüfenden Blick unterziehen. Denn frei nach Sepp Herberger wissen wir, dass nach dem Spiel vor dem Spiel ist bzw. nach der Veröffentlichung ist vor dem Erscheinen von PES 2010.
PES goes Tony Hawk
Gleich im Intro fällt auf, dass man versucht hat die Präsentation künstlerischer und damit ansprechender zu gestalten. Der Stil der Menüs zeigt sich von der "Tony Hawk"-Reihe inspiriert, ohne jemals an die launige Präsentation eines Amped 3 heranzukommen. Im Großen und Ganzen ist es jedoch eine willkommene Alternative im Vergleich zu den tristen Auswahlmenüs der Vorgänger, an der man sich leider schnell satt gesehen hat. Unter dem Strich bleibt damit eine umständliche Bedienung, wo man zur Auswahl seines Teams zuerst den Kontinent oder die Liga bestimmen muss und sich dann vertikal zu seiner Lieblings-Elf durchdrücken muss. Da ist die Rubrik der zuletzt benutzten Mannschaft auch keine allzu große Hilfe.
Trotz des Versuchs bleibt PES nicht nur in Sachen Präsentation hinter FIFA zurück, sondern wie üblich auch beim Thema Lizenzen. Zwar hat man die UEFA Champions League sogar in einem eigenen Spielmodus ins Boot holen können und auch mit offizieller Titelmelodie stimmig inszeniert, aber Fans von Bayern München oder Werder Bremen dürfen sich keinerlei Hoffnungen auf den Titel machen, da Bundesliga-Clubs komplett fehlen. So kann man eher den nichts sagenden London FC ins Finale führen, hinter dem sich niemand geringeres als der FC Chelsea verbirgt. Dafür trägt sogar der Torhüter Cech seine charakteristische Kappe auf dem Kopf und es sind alle Spielernamen und Gesichter des Teams komplett lizensiert worden. Ein Schicksal, was leider die deutsche Nationalmannschaft nicht teilt, denn hier bejubeln wir die genialen Kopfballtore von Kmala & Co. Wenn man also das fiktive Match von Deutschland gegen Chelsea austrägt, führt das dazu, dass Ballack einmal klar erkennbar an Bezeichnung sowie Aussehen und einmal mit Fantasienamen und austauschbarer Gesichtstextur auf den Platz läuft. Auch wenn man dieses Erlebnis mit fehlenden Lizenzen erklären kann, verstehe ich nicht warum die Champions League in der Meister-Liga immer noch "Europäische Meisterschaft" heißen muss.
Ballack vs. Kruger
Alle aktuellen Transfers sind leider nicht ganz in PES 2009 eingepflegt worden. So spielt der an Bayern ausgeliehene Spieler Oddo noch munter für den AC Mailand, kann allerdings bereits dem Ex-Barcelona-Star Ronaldinho zusammen mit Zambrotta Torflanken geben. Böse Zungen werden jetzt behaupten, dass der AC Mailand ja gar nicht seinen Spieler ausleihen kann, da es die Bayern gar nicht gibt, aber ich hingegen warte die kommenden Fan-Patches ab. Denn auch die lizensierten Spielergesichter sind meistens ordentlich gelungen, aber ein Christiano Ronaldo hat schon mal glücklicher drein geschaut.
Pro Evolution
Auf der Stelle tritt man bei dem aktuellen Fussballspiel aus dem Hause Konami nicht, hat allerdings auch keinen Quantensprung hinbekommen. So bilden die Stadien samt zeitgemäßen LCD-Banden im Vergleich zum Vorgänger jetzt eine Kulisse, die enorm zur Spielatmosphäre beiträgt, aber auf den Rängen findet man wieder die lieblose 2D-Zuschauer-Textur. Das Repertoire der Fan-Gesänge und des Kommentators wurde dafür sinnvoll erweitert. Nervig hingegen sind die neu hinzugefügten Geräusche beim Ballkontakt, was einen glauben lässt, Adidas hätte ein kleines Mikrofon im Ball verstaut. Das bitte komplett entfallen lassen, Konami.
Beim Gameplay hat man sich eher an PES 6 angenähert, da vielen der Spielablauf von PES 2008 zu schnell und tororientiert ausgelegt war. Große Unterschiede zum Vorgänger sucht man allerdings verzweifelt, außer das es sich hier etwas gemächlicher kickt. Als stark gewöhnungsbedürftig empfand ich, dass man jetzt eine Kurzpassfunktion auf den rechten Analog-Stick legen musste, den man früher uneingeschränkt zum Tricksen benutzen konnte. Den ersten Groll darauf macht auch nicht der jetzt dank verbesserter Ball-Physik ansehnlich aus dem Tor heraus rollende Ball wieder wett, wenn man Adriano mit Gewaltschuss Inter Mailand in Führung geschossen hat.
Die Leiden des jungen Podolski
Nicht nur in FIFA, sondern auch in PES kann man jetzt alleinig in die Haut einer einzigen Figur schlüpfen. Das bedeutet, dass Ihr die ganze Partie über nur einen einzigen, selbst entworfenen Spieler steuern dürft und nicht auf die Teamkameraden umschalten könnt.
Fazit
Doch bevor Ihr an die Glanzzeiten eines Ronaldinho beim FC Barcelona erinnern könnt, ist es ein langer und sehr eintöniger Weg. Denn zuerst wird ein Testspiel absolviert, wo man sich danach für den zukünftigen Verein entscheiden muss. Hier nimmt man dann die langweilige Aufgabe wahr in der B-Mannschaft auf dem Trainingsgelände solange gegen die erste Mannschaft zu kicken, bis der Trainier dank guter Leistung ein Einsehen hat. Schließlich verbringt man dann seine Wartezeit im Profi-Kader, wo man über komplette Spiele nicht einmal eingewechselt wird oder in den Endminuten der zweiten Halbzeit den ermüdeten Mittelstürmer ablösen darf. Ist man dann endlich mal auf den Platz kämpft man mit der durchwachsenen KI der Kollegen, was dazu führt, dass man sich positiv ausgedrückt über einen Tor-Erfolg des eigenen Spielers noch lauthals freuen kann.
Alles in allem passt die Jahreszahl im Titel von Pro Evolution Soccer 2009 wie die Faust aufs Auge. Denn eigentlich ist diese immer der FIFA-Reihe vorbehalten gewesen, die unermüdlich mit winzigen Verbesserungen jedes Jahr in einen neuen Ableger auf den Markt kam. Leider punktet PES 2009 ebenso mit geringen Detailverbesserungen zum Vorgänger und aktuellerem Spielerbestand anstatt erneut ein Must-Have in jeder Sammlung eines realitätsbetonten Fußballfreunds zu sein. Denn das ist PES 2009 in seiner Form als eine Art aktuelles PES 6.5 einfach nicht.
Gesamtübersicht: Pro Evolution Soccer 2009 (Xbox 360)
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