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eXperience112 (PC)


Als Adventurehase vom Dienst landete kürzlich das Abenteuer eXperience112 auf unserem Tisch. Offen gestanden hatten wir nicht wirklich eine Idee, was uns erwartete, und so stürzten wir uns mutig in ein reichlich ungewöhnliches Adventurespiel.

Nicke mit der Kamera
Sehr geheimnisvoll beginnt eXperience112. Ein abgedunkelter Raum, ein schmales Bett. Darauf eine Frau in einem futuristischen Kleidchen. Sie erwacht, findet einen nichtssagenden Brief, der ihr mitteilt, dass sie überlebt hat. Nach einem Schwindelanfall bemerkt sie eine Überwachungskamera, durch die wir sie sehen. Ob wir sie hören können, fragt sie, und bittet um ein Nicken mit der Kamera. Das kann ja spannend werden, und klar ist: Mit einem herkömmlichen Point-'n'-Click-Adventure haben wir es hier nicht zu tun. Immerhin wußten wir schon vorher, dass dieses Spiel mit einer ungewöhnlichen Präsentation daherkommt, und so waren wir nicht überrascht, als wir mit verschiedenen Fenstern und Übersichtsplänen konfrontiert wurden.
Lea Nichols, so heißt die schöne Unbekannte, stellt sich als Forscherin vor und erläutert uns die Steuerung – sozusagen das Tutorial. So erfahren wir, dass wir mehr Möglichkeiten haben, als nur mit Kameras zu nicken. Schließlich scheinen wir in einer Art Kommandozentrale zu sein, von der aus wir nicht nur Zugriff auf die Kamerasysteme haben, sondern auch auf Computer, Türen und Lichtschalter des Schiffs, auf dem wir uns befinden.

Das Projekt Edehn
Denn wir sind auf einem riesigen gestrandeten Tanker, der offenbar zu einer Forschungsstation umgebaut wurde. Durch manche Gänge kriecht Nebel, an vielen Stellen hat exotische Vegetation das Schiff übernommen, einige Räume sind durch giftige Dämpfe für Lea unpassierbar und hier und da findet sich ein verwester Toter oder unförmige Leichenteile.
Schnell wird klar: Ein fröhliches Spiel ist das nicht. Etwas Unheimliches ist geschehen, niemand ist da - wirklich niemand? - und Lea weiß nicht viel mehr als wir. Gemeinsam erforschen wir die Räume, entdecken Nützliches wie Verbesserungen für die Kameras, Zoomfunktion oder Restlichtverstärker oder wir suchen nach geheimen Codes, um das Computerprofil eines nun toten Professors zu knacken.
Es gibt viel zu lesen in eXperience112. Lea überlässt uns zum Beispiel ein Tagebuch. Private Emails der Mitarbeiter oder formelle Schreiben bieten ebenso Informationshappen wie Videos oder Leas Visionen, von denen wir annehmen müssen, dass sie keine Alpträume sind.
Da wir keine Möglichkeit haben, mit Lea verbal zu kommunizieren, lotsen wir sie über das Anschalten von Lampen oder das Öffnen von Türen durch das Schiff. Etwas steif bewegt sie sich, aber offenbar geht es ihr nicht so gut. Schwindelanfälle, Husten und eine offenbar starke Abhängigkeit von einer uns unbekannten Substanz mögen Leas Steifheit erklären. Vielleicht liegt es auch an ihrem sehr kurzen, hoch geschlitzten Kleid... Mitunter ist die langsame Fortbewegung nervig, beschleunigen können wir das ganze aber nicht, also lernen wir rasch, dass dieses Adventure mehr Zeit beansprucht als viele andere Spiele dieses Genres.

Wo ist sie denn?
Die Steuerung erschließt sich schnell, die Handhabung ist allerdings mitunter etwas tückisch. Zwar kann in den Optionen die Größe der Kamerafenster festgelegt werden, aber es benötigt eine gewisse Disziplin, das Fenster der aktuell interessanten Kamera obenauf und an der richtigen Stelle zu haben und möglichst noch Lea darin zu sehen. Nicht immer reicht es, eine Lampe anzuschalten, manchmal muss mehrfach geklickt werden, um die Protagonistin zu überzeugen, dass der Weg es wert sein könnte. Als etwas umständlich empfanden wir zudem den Wechsel von einer Ebene zur nächsten. Prinzipiell logisch gelöst, passierte es uns trotzdem zweimal, dass Lea irgendwo zwischen Unter- und Oberdeck stecken blieb, nicht mehr sichtbar war und auch nicht per Licht gelotst werden konnte. Ein Neustart brachte ihr schönes Köpfchen zwar wieder ins Bild, aber das kann nicht Sinn und Zweck der Sache sein. Sicherlich haben wir uns da mit den zahlreichen Lampen und Kameras vertan, nervend war es dennoch.
Manche Aktion Leas geschieht zudem für uns überraschend. Nicht nur, dass sie auch ohne Lampensignal irgendwo hinläuft, wenn sie weiß, was sie will, mitunter entdeckt sie - netterweise - etwas, wo wir wegen kaputter Bauteile nichts gesehen haben. Der Lerneffekt, wirklich jede Lampe zu benutzen, damit Lea in eben jede Ecke geht, war dadurch enorm.

Grafisch ist das Spiel zwar kein Meilenstein, bedenken wir aber die Umstände, ist es sofort akzeptabel und logisch. Erstens befinden wir uns auf einem schon mehrere Jahrzehnte alten Schiff mit einem entsprechend alten Kamerasystem, und zweitens wir betrachten das Geschehen über eine Überwachungskamera. Lea ist ansonsten ordentlich animiert, und der optische Eindruck des Überwachungssystems ist sehr gelungen.

Dichte realistische Atmosphäre
Die Stimmung, die das Spiel auch dank der ungewöhnlichen Steuerung entwickelt, ist extrem dicht. Grafik und Geräusche schaffen eine beklemmende Atmosphäre, in der wir uns vorsichtig, aber neugierig bewegen. Damit das andauernde Lichtanschalten nicht langweilig wird, streute Entwickler Lexis Numérique kleine passende Zusatzaufgaben ein, etwa das direkte Steuern eines Roboters. Der Blick durch die Kameras ist zudem nicht immer gleich. Mitunter muss erst das Nachtsichtgerät zugeschaltet werden, damit wir uns orientieren können, manchmal flimmert das Bild oder ist verschwommen. Der Realismus, den das Spiel ohnehin in großem Maße hat, wird dadurch verstärkt. Leas Frage, ob wir eingeschlafen seien, wenn wir zum Beispiel eine längere Pause einlegen, unterstützt dies ebenfalls.
Die Rätsel dieses Adventures sind logisch in die Geschichte eingebettet. Natürlich geht es vor allem um Informationen, Passwörter, Zugangscodes und geheime Berichte. Kombinationen verschiedener Gegenstände oder ein vollgemülltes Inventar gibt es nicht.

Fazit
Ein Adventure der ganz besonderen Art. Genreneulinge sollten damit nicht unbedingt ihre Abenteuerlaufbahn starten, Fans der Spielegattung werden jedoch sehr viel Vergnügen daran finden. Die spannende Geschichte, die ungewöhnliche Präsentation, die gute Soundkulisse, ganz voran Leas Stimme, überzeugen voll, und die logischen Rätsel bieten angenehmes Köpferauchen.


Charlotte Messerschmidt - 05.04.2008



Gesamtübersicht: eXperience112 (PC)

Unsere Bewertung:

Langzeitmotivation:
90%
Sound:
90%
Grafik:
90%
Singleplayer:
90%
Informationen zum Spiel:

Hersteller:

Publisher:

ca 36 Euro
Preis:

Deutsch
Sprache:

Adventure
Genre: