Lara Croft - Special

Lara Croft, kaum eine Videospielfigur hat einen derart hohen Bekanntheitsgrad wie die britische Adelstochter aus dem Hause Eidos. Ist es ihr unwiderstehlicher Charme, ihre sexy Ausstrahlung oder sind es ihre digitalen Polygonkurven, die die virtuelle Tochter von Toby Gard so beliebt machen?
Wir haben uns dem Mythos Tomb Raider angenommen und für Euch die letzten 11 Jahre Revue passieren lassen.

Wir schreiben das Jahr 1996, drei Konsolenhersteller versuchen sich gegenseitig Marktanteile streitig zu machen, die Ära der Ego Shooter hat begonnen und lösen langsam das Zeitalter der Point´n Click Adventures mit platter 2D Bitmapgrafik und vorgerenderten Hintergründen ab. 3D, Polygone und Texturen, das ist die Zukunft. Vorbei die Zeit von endlos langen Dialogen, willkommen offene Spielwelten.
Doch es ist auch die Zeit von Lara Croft, ihres Zeichens Weltenretterin, Archäologin und Adelstochter mit einer Oberweite von 300 Polygonen und einem Bewegungsrepertoire, das die Vorzüge von 3D- Landschaften voll zur Geltung kommen lässt.

Das erste Abenteuer von Lara Croft, die während der Konzeptphase noch unter dem Namen Laura Cruz bekannt war, erscheint mit vierwöchigem Exklusivrecht auf Segas Saturn und führt die smarte Archäologin von Peru über Rom bis nach Ägypten. Alles dreht sich um das geheimnisvolle Scion, bei dem es sich nicht etwa um eine Baureihe einer bekannten Autoherstellers handelt, sondern um ein Artefakt, das seinem Träger übermenschliche Mächte verleiht.

Bereits der erste Teil um die überproportionierte Lara ist ein Verkaufserfolg und hält sich über Wochen in allen wichtigen Charts. Die Verkaufszahlen schießen ins unermessliche und machen Lara über Nacht zu einem Star.
Weit über die Grenzen der Kinderzimmer hinaus schafft es Lara auf die Coverseite des Rolling Stone.

Der zweite Teil mit dem wohlverdienten Anhängsel Starring Lara Croft erscheint etwas mehr als ein Jahr später im Winter 1997. Die Marktherrschaft auf dem Konsolenmarkt hat sich drastisch verändert. Die Sony Playstation, die ursprünglich als zusätzliches CD Laufwerk für den Nintendo 64 geplant war verkauft sich entgegen allen Erwartungen mehr als gut und so ist es keine Frage, dass der zweite Teil neben dem PC exklusiv für die PSx erscheint.
Optisch hat sich Lara bereits hier verändert. Sie trägt jetzt einen langen Pferdeschwanz und ihre sekundären Geschlechtsmerkmale haben mehr an Rundung dazu gewonnen.

Objekt der Begierde ist nun der Dolch von Xian mit dem einst ein Drache getötet worden sein soll. Folglich verschafft auch dieses Artefakt seinem Besitzer tierische Kräfte und macht, wie Lara gegen Ende des Spiels noch einmal feststellen muss, seinen Träger fast unbesiegbar.

Neben den mythologischen Hintergrundgeschichten bleiben Laras Abenteuer ansonsten auf dem Boden der Tatsachen und in der Realität. Sie nimmt sich neben den obligatorischen Pistolen auch Maschinenpistolen, Granatwerfern und Harpunen an.
Für dieses Abenteuer wurden auch die Animationen von Lara um ein paar neue Moves erweitert. Wände erklimmen gehört jetzt ebenso zu den Standardmoves wie die 180° Drehung im Sprung.
Auch die Schauplätze sind wieder von epischen Ausmaßen. Zu Beginn des Spiels findet sich Lara an der chinesischen Mauer wieder und kommt von Atlantis bis Venedig wieder überall in der Weltgeschichte rum. Legendär ist der zweite Teil auch wegen der Duschszene am Ende des Spiels.

Adventures of Lara Croft ist der Untertitel des dritten vollwertigen Tomb Raider Spiels für PC und Playstation, der nur ein Jahr später in den Händlerregalen steht. Grafisch hat das Spiel mächtig zugelegt. Eine höhere Auflösung, sowie „echte“ Lichteffekte machen Lara noch schärfer. Zudem kann Lara sich nun kriechend fortbewegen, sie kann sprinten, hangeln und sogar auf Vehikel zurückgreifen.
Lara selbst wurde einer virtuellen Brust OP unterzogen. Ihre Oberweite hat deutlich an Masse verloren und Lara schein etwas menschlicher.

Vielen Fans geht das gegen den Strich und in Foren entbrennen heftige Diskussionen. Dennoch bleiben die Verkaufszahlen nicht unter den Erwartungen.

Storytechnisch dreht sich hier alles um vier Meteoritenstücke, die über die ganze Welt verstreut sind. Das stellt einen weiteren Kritikpunkt dar. Denn die sonst so pompösen Level wurden verlegt und so findet sich der Spieler nun statt in Ägypten in London und statt in der sagenumwobenen Stadt Atlantis auf der Area 51 in Nevada.

Teil vier verschlägt Lara wieder zurück zu ihren Wurzeln nach Ägypten. Zu Beginn spielt man die junge Lara im zarten Alter von 16 Jahren. Grafisch hat Core Design einiges geleistet. Die Auflösung ist jetzt noch höher, die Gesichtszüge sind deutlicher zu erkennen und Lara tropft sogar, wenn sie aus dem Wasser kommt. Für die Dreamcastversion hat sich Core Design sogar etwas Besonderes einfallen lassen. Exklusiv für die Sega Konsole wurde Lara ein in Echtzeit berechneter Schatten spendiert.
Doch dieser Teil wird zu Laras Verhängnis. Nachdem sie versehentlich Seth, den bösen Zwillingsbruder von Horus zum Leben erweckt, wird Lara, obwohl sie das Unheil doch noch abwenden kann in einer untergehenden Pyramide vergraben. Sie gilt seitdem als verschollen.

In der realen Welt zieht dieses Ereignis schlimme Konsequenzen mit sich. Massen treuer Fans sind empört und fassungslos zugleich. Lara darf nicht sterben. Eidos wird mit Selbstmorddrohungen bombardiert. Laras vierter Trip soll nun endgültig ihr letzter Ausflug sein.

Eidos lässt die Spielergemeinde bangen und hält sie hin, als 2000 mit die Chronik der fünfte Teil in den Verkauf gelangt.
Doch dieses Spiel stellt keinen wirklichen Nachfolger dar. Vielmehr wird in zeitgemäßer Grafik noch einmal ihr Leben als Episodenspiel durchgenommen. So gibt es keine wirkliche Story, dafür aber mehrere Storyausschnitte, die auf der Trauerfeier für die kürzlich als verstorben abgestempelte Lara von ihren Freunden erzählt werden. Einige Ungereimtheiten und offene Geschichten werden komplettiert.

Wir dürfen auch an die junge Lara wieder Hand anlegen und erfahren am Ende, dass es mit ihr eigentlich noch kein richtiges Ende genommen hat. Besitzer der PC Version dürfen sich an Artworks und Screenshots zu einem konzeptionell überarbeiteten Lara Abenteuer laben. Lara ist tot, es lebe Lara! Tomb Raider die Chronik erscheint für PC, PSx und Dreamcast.

28. Juli 2001, der erste Tomb Raider Kinofilm mit Angelina Jolie läuft in deutschen Kinos an. Trotz schlechter Kritiken avanciert der Film zum Blockbuster.

2003, endlich nach langer Wartepause und spärlichen Informationen erscheint ein von Grund auf neues Tomb Raider.
Grafisch ist Lara dank der Rechenpower von aktuellen PCs und der PS2 jetzt schöner denn je. An bestimmten Stellen im Spiel werden Laras Fähigkeiten aufgewertet. Was aber wie RPG Elemente klingt ist zu linear ins Spiel integriert.
Neben Lara stellt Core Design nun auch einen neuen Charakter, nämlich den Söldner Curtis Trent vor. Er verfügt über übernatürliche Fähigkeiten und soll das Spiel auflockern.

Zu Beginn des Spiels kommt es zu einer Gegenüberstellung von Lara und ihrem einstigen Mentor Werner von Croy, der sie am Ende des vierten Teils in der Pyramide zurückgelassen hat. Plötzlich geht das Licht aus, Schüsse fallen und Werner von Croy ist tot. Niemand, nicht mal der Spieler weiß, was geschehen ist, geschweige denn, wer der Mörder von Werner ist. Fortan wird Lara von der Polizei und Werners Mörder gejagt.

Hier erleben Fans erstmals eine veränderte Lara. Aus der einst so abenteuerlustigen Ikone ist ein nachdenklicher Mensch geworden. Angel of Darkness zeigt erstmals Laras dunkle Seiten. Ist die Jagd nach seltenen Artefakten es überhaupt wert, sein Leben zu riskieren? Wäre es nicht besser, sich nieder zu lassen und eine Familie zu gründen? Dem Tod knapp entgangen und auf der Flucht vor Gesetz und einer unbekannten Macht ist Lara verzweifelt und ein Opfer ihrer Gefühle.

Erst im späteren Spielverlauf erfährt der Spieler, was wirklich geschehen ist. Das Ende ist offen, denn Angel of Darkness sollte ein Episodenspiel werden. Mit dem siebten Ableger der Serie läutet Core Design eine neue Lara Ära ein - und wird kurz später von den Entwicklerrechten „befreit“.

Trotz der langen Wartepause erweist sich das Spiel aber als ein Flop an der Kasse. Lara wirkt zu unfertig. Die eingeführten Stealth Elemente passen nicht zu der sonst actionbetonteren Lara. Soundaussetzer, hässliche Clippingfehler, die zu ungenaue Steuerung und nicht zuletzt die schlecht gewählten Locations lassen Laras sechster Ausflug zum schlechtesten Teil der Serie avancieren.

14. August 2003 der zweite Tomb Raider Film mit Angelina Jolie in der Hauptrolle läuft in den Kinos an.

[…]es ist ein Fauxpas, den man sich so nicht mehr erlauben darf […], „Das schlechteste Tomb Raider… was habt Ihr nur der armen Lara angetan?“ So tönt es von der Fachpresse und auch die Fans sind stinksauer. Es kommt zum Eklat. Die Verkaufszahlen für Tomb Raider Angel of Darkness sind sehr bescheiden und auch der zweite Kinofilm wird gemieden.
Die Gerüchteküche brodelt, jeden Tag hagelt es neue Newsmeldungen über den Fortbestand der Lara. Sichtlich genervt von der Videospielpleite gibt Universal Eidos die Schuld an der Flaute an der Kinokasse.

Es muss schnell etwas passieren, sonst ist das Franchise Tomb Raider in Gefahr und das Aushängeschild für Eidos gehört der Vergangenheit an.

Kurzerhand entscheidet man sich bei Eidos für einen Wechsel. Core Design, dem hauseigenen Entwicklerstudio werden die Rechte an weiteren geplanten Tomb Raider Teilen entzogen. Stattdessen werden sie an Crystal Dynamics, deren Bekanntheitsgrad durch Spiele wie die Gex Reihe stieg überschrieben. Ein kluger Schachzug, denn Lara ist am Ende.

Es ist lange Zeit ruhig um den einstigen Star Lara Croft. Hin und wieder gibt es Gerüchte, die besagen, dass ein neuer Tomb Raider Ableger in der Mache sei. Lange Zeit gilt Lara erneut als verschollen. War das das Ende?
Doch endlich gibt es einen Lebensfunken. Eidos kündigt einen weiteren Teil für die PS2 an. Mit dem Versprechen, sich solche Fehltritte wie Angel of Darkness nicht wieder zu erlauben blicken Fans optimistisch in die Zukunft.
Erste Screenshots und kleine Storyschnipsel gefolgt von einer bewegten Lara in Action machen heiß auf mehr. Back to the roots ist das Stichwort. Auch die Locations regen den Appetit an. Endlich wieder verfallene Ruinen, endlich wieder Mythen und endlich wieder Lara.
Larry Sparks, Head of Brands Management bei Eidos hierzu:
"Wir sind alle in heller Aufregung und hoffen, dass die neue Lara die Herzen der Spieler erobern wird, wie vor zehn Jahren der erste Teil, zumal das Spiel alle seine Vorgänger in den Schatten stellt.”

Endlich, der Release rückt näher. Am 7. April 2006 ist es endlich soweit. Lara Croft erlebt mit einer Frischzellenkur im Grafikbereich und einer brandneuen Geschichte einen zweiten Frühling. Hatte der gute Larry also recht mit seiner Vermutung.
Auch die Fachpresse überhäuft das Spiel mit verdienten Lorbeeren. Zwar fällt das siebte Tomb Raider mit knapp sechs Stunden Spielzeit etwas mau aus, dafür schießt es blitzschnell in die Top 10 der deutschen Verkaufscharts. Im Bundle mit der weißen PSP Edition schafft es Tomb Raider: Legend sogar auf Platz 1 der Media Control Charts.

Außerdem entschied sich Eidos mit Legend als ersten Titel zu einem erneuten Support der Nintendo Hardware, nachdem man sich Jahre vorher aufgrund schlechter Verkaufszahlen vom GameCube abseilte.

Und kaum ein Jahr später gibt es auch schon die ersten Infos zum neuesten Teil Anniversary. Hierbei handelt es sich um ein Remake des ersten Teils. Ganz in der Tradition anderer Publisher wird jetzt auch diese Serie komplett ausgebeutet.
Oder doch nicht? Tomb Raider Anniversary ist kein Aufguss alter Abenteuer sondern stellt eine neue Erfahrung für Spieler dar. Das Ur Tomb Raider, ein Klassiker und den Spielen und ein Garant für schlaflose Nächte wird in neuer Grafikaufmachung, mehr Umfang und einer verbesserten Steuerung anlässlich des zehnten Geburtstags wieder aufleben gelassen. Während sich anfangs noch Fans und Feinde auf die Kritiken vorbereiten lässt das Endprodukt jedoch alle Münder weit offen stehen. Bis heute hat sich die Tomb Raider Saga über 28 Millionen mal verkauft.