Leider musste ich das Rennen aus dem Mittelfeld beginnen. Aber es lief gut und ich kämpfte mich Runde um Runde nach vorne. Jetzt sind nur noch vier Gegner vor mir und zwei davon sogar in Sichtweite. Nach der Schikane kommt eine lange Gerade. Das ist meine Chance. Ich setze alles auf eine Karte, nutze den Windschatten aus und hänge mich an das Heck des Dritten. Dann rase ich mit Vollgas aus der Kurve und setze zum Überholen an. Es klappt und ich schieße am Gegner vorbei. Schaffe ich auch noch den nächsten? Mit Vollgas geht es weiter und in meiner Euphorie merke ich nicht, dass die nächste Kurve zu schnell nahe kommt. So kommt es wie es kommen muss - ich lande im Kiesbett. Aber nicht umsonst bin ich der Ghostrider und gebe so schnell nicht auf! Wo ich mich befinde? In einem Wagen von GTR 2 natürlich!

Die recht spannende FIA GT-Rennserie ist in Deutschland bei weitem nicht so bekannt wie die zeitweise langweilige Formel 1. Im Gegensatz zu den recht taktisch geprägten und zeitweise recht eintönigen Formel 1 Rennveranstaltungen jagt bei der GT Serie oft ein Höhepunkt den anderen. Das liegt vor allem auch daran, dass die FIA GT Meisterschaft (GT steht für Gran Turismo) eine Rennserie ist, in der seriennahe Super-/Sportwagen eingesetzt werden, die sich wirklich auf der Rennpiste jagen. Darum gibt es hier im Gegensatz zur Formel 1 wesentlich mehr spannende Überholmanöver, gnadenlose Positionskämpfe und sehenswerte Rennszenen. Dieses anspruchsvolle Renngeschehen ist natürlich bestens geeignet als Vorlage für eine realistische und gute Rennsimulation. Die Leute von Simbin haben das erkannt und brachten mit GTR dazu auch ein entsprechendes (und vor allem extrem gutes) Spiel heraus, das Profis absolut begeisterte, aber leider Anfänger total frustrierte. Dieses Spiel war und ist so realistisch, dass manche lange brauchten, bis sie ohne Ausflug ins Kiesbett eine komplette Runde mit den hochsensiblen Supersportwagen schafften. Beim Nachfolger dieses Spiels, das den äußerst kreativen Namen GTR 2 erhalten hat, wollten die Entwickler das Spiel trotz gleichbleibendem Realismus doch wesentlich einsteigerfreundlicher gestalten. Um euch nicht auf die Folter zu spannen, will ich euch auch gleich vorweg sagen: Dieses Ziel haben sie erreicht. Und trotzdem bleibt auch GTR 2 eine harte Nuss, die aber selbst für Anfänger diesmal zu knacken ist. Einziges Mitbringsel hierfür: Viel Geduld und Übungswille.

Die Hersteller des Spiels werben mit dem Text: "Noch näher - noch realistischer. GTR 2 ist die realistischste Rennsimulation aller Zeiten". Und sie haben recht. Hier erlebt ihr die Original FIA GT Meisterschaft hautnah an eurem PC und startet auf original Rennstrecken wie Spa, Oschersleben oder Monza gegen mehr als 50 verschiedene Gegner. Unterm Hintern Autos, die mehr als 600 PS haben. Mit seinen 144 - bis ins letzte Detail gestylten - Rennwagen und den originalen Rennstrecken mit 34 unterschiedlichen Streckenvariationen kann sich das Spiel auch in Punkto Umfang sehen lassen. Harte Konkurrenz mit realistischen und kämpferischen KI-Gegnern sowie sechs unterschiedlichen Spielemodi (Offenes Training, Rennwochenende, Meisterschaften, Zeitfahrten, Proxismus 24h, Fahrschule) gibt es zusammen mit jeder Menge Abwechslung im ständigen Kampf um die Meisterschaft oder das oberste Siegertreppchen. All das sorgt für Adrenalin pur, eben wie auf einer echten Rennstrecke. Trotz aller Euphorie gibt es einen kleinen Kritikpunkt: Eine äußerst motivierende Kariere wie z. B. bei DTM Racer 3 habe ich vergeblich gesucht.

Weil das Spiel nicht gerade ein leicht zugängliches Action-Rennspiel ist, bei dem ihr im Handumdrehen Siege einfahrt, gibt es drei unterschiedliche Schwierigkeitsgrade. Trotzdem lernt man dadurch noch nicht den Umgang mit den hochsensiblen Rennwagen. Damit auch Anfänger leichter mit den PS Monstern zurechtzukommen, haben die Entwickler eine Fahrschule ins Spiel integriert, in der ihr Feinheiten eines echten Profipiloten erlernt. Die richtige Beschleunigung und Abbremsmanöver, das richtige Kurven Anfahren und vieles mehr wird euch dort beigebracht. Für bestandene Lehrgänge erhaltet ihr richtige Trophäen, mit denen ihr dann neue Wettbewerbe freischalten könnt. So hat das Ganze einen Anreiz. Diese Fahrschule ist echt Klasse. Nur die Präsentation in öden Textfenstern mit Bildunterstützung anstelle von gut gemachten Videos oder einem virtuellen Beifahrer, der euch während der Fahrt alles erklärt, ist ein Minuspunkt. Dadurch wirkt die Sache doch recht trocken, wenn auch die Effektivität der Fahrschule darunter nicht leidet.

Eines wird einem bei der klasse Fahrschule leider nicht beigebracht. Die Autos haben ein umfangreiches Setup, mit dem ihr eure Rennwagen optimal auf eure Fahrweise und die Strecke einstellen könnt. Doch um das sinnvoll nutzen zu können, muss man sich mit der Materie etwas besser auskennen und schon wissen was geschieht, wenn ich die Federung härter einstelle. Leider lässt man hier den Spieler im Regen stehen und wer sich nicht auskennt, kann dieses gute Instrument nur sehr schwerlich nutzen, um noch bessere Zeiten zu erzielen. Wenigstens hilfreiche Infofenster innerhalb dieser Möglichkeiten hätte man einbauen oder das Ganze gleich in die Fahrschule integrieren können.

Habt ihr dann den Umgang mit den Autos gelernt, geht wahrhaft die Post ab. Das Fahrgefühl ist extrem gut, ja einfach fantastisch. Die Autos reagieren nach der Fahrschule und dem Tunen nicht mehr so hochsensibel und lassen sich nun präziser und beweglicher durch die Kurven steuern. Weniger geübte Fahrer oder frisch von der Fahrschule gekommene Anfänger können Fahrhilfen aktivieren, z. B. Traktionskontrolle oder ABS. Selbst ohne diese Hilfen sind die Wagen besser beherrschbar als im Vorgänger. Erfahrene Profis kommen im höchsten Schwierigkeitsgrad ohne jegliche Fahrhilfen trotzdem auf ihr Kosten. In Punkto Fahrgefühl und Fahrverhalten haben die Entwickler einfach wieder ihr ganzes Können eingebracht und ein erstklassiges Rennspiel herausgebracht, in dem ihr stets das Gefühl bekommt, selbst als Rennprofi mitten im Rennen dabei zu sein.

Auch grafisch haben die Entwickler ins Volle gelangt. Die Super Rennwagen sehen extrem gut aus, sind sofort wiederzuerkennen und äußerst detailreich gestaltet. Alles sieht einfach wunderschön aus, sofern man einen entsprechenden Rechner sein Eigen nennt. Auch die Rennstrecken können sich sehen lassen, zudem gefallen die Gestaltung der Wetterverhältnisse sehr gut. Bei Nässe gibt es richtig eindrucksvolle Reflexionen zu sehen und die Räder der Autos wirbeln wie auf der richtigen Rennstrecke bei echten Autos eine sehenswerte Gischt auf. Unterstützt wird dieser imposante grafische Eindruck durch einen genauso guten Motorsound. Beides zusammen sorgt wiederum für eine gelungene Atmosphäre. Abgerundet wird das Ganze mit einer hervorragenden Steuerung die extrem präzise und schnell reagiert. Besser kann man das zur Zeit nicht umsetzen und deshalb gebührt den Entwicklern dafür ein großes Lob.

Virtuelle Rennprofis können bei GTR 2 in extrem sehenswerte Supersportwagen einsteigen und sofort ihr Können unter beweis stellen. Und sie werden ihre wahre Freude dabei haben. Die Rennen sind wegen der exzellenten Fahrphysik und dem ebenso guten Fahrgefühl einfach fantastisch. Das Spiel hat mich schlichtweg begeistert und ich kann mich kaum davon losreisen. Gut, Freund von Arcade Rennspielen werden sich mit dieser ultra realistischen Simulation nicht anfreunden könne. Anfänger müssen viel Geduld aufbringen, aber Dank der Fahrschule können sie ins Spiel hineinfinden. Wer das als Anfänger nicht will sollte auch einen weiten Bogen um dieses herrliche Spiel machen. Seid euch aber bewusst - euch entgeht eines, ja wenn nicht das beste Rennspiel, das es zur Zeit für den PC gibt.