Mit einer Verspätung, die man sonst nur von der Deutschen Bahn kennt, trudelt ein in den Spieleflut-Hauptbahnhof Leipzig - der Test zu Sid Meiers Railroads!

Tuff Tuff Tuff - wir fahren in den … nächsten Bahnhof. Für mich bedeuten Eisenbahnen immer gleich drei Begriffe - Deutsche Bahn, Umsteigen und Verspätungen. Aus dem Grund bin ich kein Freund von Zügen und Gleisen, davon mal abgesehen, dass ich verkehrsungünstig wohne und sowieso nur mit dem Auto vorwärts komme. Warum meine Abneigung gegen die Bahn so groß ist? Weil ich das Zugfahren nicht anders kenne, als dass man immer hoffen muss, den Anschlusszug zu bekommen, nachdem man öfters umsteigen darf. Alleine eine Fahrt nach Leipzig dauert fast 11 Stunden inklusive 90 Minuten Wartezeit totschlagen, weil der Anschlusszug so lange braucht - davon abgesehen müsste ich dreimal umsteigen. Mit dem Auto schaffte ich die Fahrt in sechs Stunden.

Früher dagegen waren Züge wesentlich reizvoller. Nachdem James Watts die Dampfmaschine erfand, dauerte es zwar noch knapp 50 Jahre bis die ersten Lokomotiven einsatzbereit waren - ab dann jedoch ging es stetig bergauf. Innerhalb weniger Jahre entstand nicht nur in Europa sondern auch in Amerika ein Netz aus Eisenbahnstrecken; immer schneller reisten Menschen als auch Fracht von einer Stadt zur anderen. Für Amerika bedeutete dies den Anschluss des Ostens an den Westen. So wurde eine Verbindung zwischen den beiden Eisenbahngesellschaften Union Pacific und Central Pacific beauftragt, damit deren Strecken verbunden wurden. Für viele bedeutete die Eisenbahn zur damaligen Zeit Glück und Reichtum - für diejenigen, die die Strecken verlegten dagegen oftmals den frühen Tod.

Freunde der richtigen wie auch der Modelleisenbahn zieht es seit einiger Zeit nach Hamburg. In der Hansestadt entsteht seit dem Jahr 2000 mit den ersten Baumaßnahmen das "Miniatur Wunderland Hamburg", das im Jahr 2006 auf 900 qm Modellbaufläche und vier fertigen, sowie zwei im Bau befindlichen Abschnitten angewachsen ist. Nach eigener Aussage ist man mit etwa 800.000 Besuchern im Jahr 2005 eine der besucherstärksten Touristen-Attraktionen Hamburgs. Eine der Besuchergruppen des Miniatur Wunderlandes Hamburg war das Team von Firaxis, rund um Spieldesigner Sid Meier. Zu dessen bekanntesten Spielen gehört neben der Civilization-Reihe und Pirates auch Railroad Tycoon. Und weil Sid Meier in der jüngeren Vergangenheit schon mit Pirates eines seiner eigenen Spiele neu aufgelegt hat, ließ er sich in Hamburg zu einem Railroad-Tycoon-Revival inspirieren. Soviel zur Vorgeschichte von Sid Meiers Railroads!

Auf einer Zeitreise zurück in die Pionierzeit der Eisenbahner, als das Land noch unberührt und die weite Prärie noch ein unbeschreiblich natürlicher Anblick war, dürfen die Spieler mit einem Haufen Dollar als Startkapital die erste Lokomotive erwerben und die ersten Streckenabschnitte verlegen. Optimalerweise verbinden wir zwei Städte miteinander, um Passagiere und Post hin- und her zu transportieren. Damit die Städte wachsen und gedeihen können, sollten wir nach einer Weile die Strecke an Rohstofflieferanten wie Holzfäller, Ölfelder, Erzgebirge und so weiter anschließen. Hiermit fördern wir nicht nur das Wachstum der Städte sondern auch das des eigenen Bankkontos. Zudem ermöglicht es feine Nebeneinkünfte - in dem wir Verarbeitungsbetriebe erwerben und mittels Rohstofflieferungen und Verkauf des Endprodukts einen netten Gewinn einstreichen.

Die Konkurrenz schläft natürlich nicht. Und so bauen wir munter im Wettstreit mit dem Gegner unser Schienennetz aus. Sollte uns zwischenzeitlich die liquiden Mittel ausgehen, platzieren wir einfach ein 10 %-Aktienpaket unseres Unternehmens an der Börse. Die Kurse für solche Pakete schwanken natürlich und so sollte man darauf achten, nicht zu günstig abzugeben. Der Gegner kann diese Pakete nämlich kaufen und Euch so übernehmen. Das gleiche dürft ihr aber auch mit dem Gegner machen. Mit der Übernahme fällt sein gesamtes Schienennetz in Euren Besitz über - ihr könnt es integrieren oder verkaufen. Wie es Euch beliebt.

Natürlich seid ihr nicht auf Amerika als Spielort beschränkt. In 15 Szenarien geht es auch nach Europa (Großbritannien, Frankreich und Deutschland stehen als Spielorte bereit). Dabei sind die Spielziele unterschiedlich - mal müsst Ihr zwei Städte verbinden, dann wiederum für einen funktionierenden Nachschub an Rohstoffen sorgen. Manche Missionen bestehen aus mehreren Zielen, die ihr in Etappen erreichen müsst. Beispielsweise gilt es in einem drei Städte zu verbinden, die Güterbahnhöfe zu erweitern und frische Einwanderer zu transportieren. Danach heißt es, das Nettovermögen des Unternehmens auf 20 Millionen Dollar zu steigern sowie 50 % an einem Konkurrenten zu kaufen.

Grafisch ist Sid Meiers Railroads! schön anzuschauen. Vor allem, wenn das System es hergibt und das Spiel in voller Auflösung und mit allen Details gespielt werden kann. Dann macht es schon Spaß, den Zügen bei ihrer Fahrt einfach nur zuzuschauen. Dennoch reicht es nicht an den vor kurzem getesteten Klassenprimus Anno 1701 heran. Dass liegt nicht daran, dass man bei Sid Meiers Railroads! ebenfalls sehr gespannt den kleinen Details zusehen kann (wenn beispielsweise die Kühe verladen, die Waggons mit Öl befüllt werden oder die Menschen einer Stadt einfach fasziniert auf einer Brücke stehen und den Eisenbahnen zuschauen), sondern viel mehr an der Tatsache, dass die Texturen alle aalglatt wirken und es immer wieder zu kleinen Fehlern oder unschönen Szenen in der Grafik kommt. So fahren Züge in besonders engen Stellen recht zackig um die Kurve und fahren teilweise durch Häuserkanten, verschwanden frisch gelegte Gleise im Niemandsland oder verliefen Strecken durch Brückenpfeiler.

Der Sound hält sich bedeckt im Hintergrund. Ein Hupen hier, ein Quietschen da. Das Bankkonto klingelt, wenn Geld eingenommen wird. Die Musik ist nett, aber nicht überzeugend. Immerhin nervt sie nicht - auch ein positiver Effekt. Feines Detail - die Schaffner sprechen in der Sprache des Landes, in dem ihr das Szenario spielt.

Das Handling ist einfach - auch wenn sich Anfänger bei den Missionszielen späterer Szenarien etwas überfordert fühlen könnten. Dank des kurzweiligen Tutorials und der ersten - einfach zu bewältigenden Aufgaben - sind auch unerfahrene Tycoons schnell in der Lage, gewinnbringend zu agieren. Wer es etwas heftiger mag, der kann die Einstellungen ändern - je mehr Gegner und je höher der Schwierigkeitsgrad, desto anstrengender wird es, sein Ziel zu erreichen.

Der erste Patch (Update Version 1.01 @Spieleflut.de) ist da - und er behebt einige kleine wie große Probleme des Spiels. Das merkte man auch im Test - während das Game vor Veröffentlichung des Updates noch wesentlich mehr Probleme verursachte und anfälliger für Abstürze war, hielten sich die Fehler nach Installation des Updates in Grenzen. Auch wenn mich einige Kleinigkeiten an Sid Meiers Railroads! nach wie vor ein wenig gezwickt haben (u.a. tauchen englische Texte in der deutschen Version auf, ist die KI der Computerspieler nicht immer die höchste), so fallen sie nicht so schwer ins Gewicht, als dass sie mir den Spaß am Spiel verderben können.

Ansonsten macht Sid Meiers Railroads! Spaß und ist eine gelungene Neuauflage des alten Klassikers, wenn es auch nicht an das damals umwerfende Railroad Tycoon heran reicht. Schienen verlegen, Gewinne einstreichen, Konkurrenten übernehmen ist vielleicht für den einen zu einfach - für alle anderen aber eine nette Sache für zwischendurch. Vor dem Kauf empfiehlt sich ein Probespiel mit der Demo-Version (@Spieleflut.de)!

Links zum Spiel:
Patch 1.01 zu Sid Meiers Railroads!
Demo zu Sid Meiers Railroads!