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Resident Evil 4


Um mich herum beklemmende Stille. Nur der Wind pfeift durch das dichte Geäst des Waldes, in dem ich mich gerade befinde. Ab und zu sind auch ein paar Vögel zu vernehmen. Es ist neblig und düster - alles scheint so grau in grau. Der kleine Trampelpfad, auf dem ich mich befinde, führt direkt zu einem scheinbar verlassenen Dorf mitten in Spanien. Mein Herz pocht wie wild, der Blutdruck steigt auf 180. Kalter Schweiß läuft mir den Rücken hinunter, mein Atem wird schwerer und ich leide an Paranoia. Das Dorf scheint menschenleer, doch plötzlich heult eine Kettensäge auf. Ein wild gewordener Irrer mit einem Kartoffelsack über seinem Kopf verfolgt mich, die Zähne seiner Kettensäge kommen mir bedrohlich nahe - er will mir wohl ans Leder. Er schreit mich in einer unverständlichen Sprache an. In letzter Sekunde ziehe ich die Schrotflinte und ziele auf seinen Kopf. Der Finger am Abzug macht eine ruckartige Bewegung, und mein Verfolger fliegt in hohem Bogen durch die Luft. Doch er hat offenbar noch nicht genug. Er schüttelt sich benommen und greift erneut an. Die Kettensäge lechzt nach meiner Kehle, er setzt zum Schnitt an. Doch ein saftiger Kick rettet mir buchstäblich den Hals und mein Kontrahent liegt regungslos am Boden.

Nein, das ist kein Horrorfilm aus der Feder von Tobe Hooper, dem Erfinder des Texas-Kettensägenmassakers. Was noch vor zwei Jahren Science-Fiction war, rotiert jetzt in meiner Playstation 2. Denn ursprünglich sollte Resident Evil 4 aus Performancegründen gar nicht erst auf Sonys schwarzer Daddelkiste erscheinen. War es ein Sinneswandel oder einfach der Wunsch diverser Aktionäre, der Capcom dann doch dazu bewegte, die Resi-Reihe ganz back to the roots in die Wohnzimmer PS2-begeisterter Spieler zu portieren?

Wie dem auch sei, an der Performance kann es nicht liegen, denn was ich gerade zocke, ist eine 1:1-Kopie des GC-Spiels. Doch blicken wir zurück. Seit dem ersten Teil von 1997 ist bereits viel geschehen. Die Resident-Evil-Reihe umfasst mehrere PSX- sowie PS2-Titel - darunter auch die mäßigen Outbreak Teile -, die nicht sonderlich packenden Survivor-Teile (Lightgun.Shooter) sowie Ableger auf Gameboy und anderen Konsolen. Im neuen Millennium entschloss man sich dazu, die Teile eins bis drei noch einmal neu aufleben zu lassen und spendierte ihnen auf dem GC ein neues Antlitz. Durch diesen Exklusivvertrag entstand auch die lange Dürreperiode für Playstation 2-Besitzer. Der letzte packende Teil sollte Zero - ein Prequel und ebenfalls nur für GameCube - sein.

Zeit für frischen Wind
Wer den Namen Resident Evil hört, der denkt automatisch an Zombies, den T- Virus und die Umbrella Corp. Doch damit ist es vorbei. Seit dem Zwischenfall in Raccoon City sind sechs Jahre in die Lande gestrichen, und die Umbrella ging pleite, nachdem alle politischen Unterstützungen abgebrochen wurden. Raccoon City wurde "gereinigt" um sicherzustellen, dass es auch wirklich keine überlebenden Untoten mehr gibt. Zeit für frischen Wind also. Der neueste Ableger der Gruselsaga verschlägt euch somit in ein kleines Dorf mitten in den Wäldern Spaniens. Dort soll die Tochter des Präsidenten gefangen gehalten werden. Die Mission ist klar: Findet die Tochter und verschwindet von diesem gottlosen Ort.

Bereits die ersten Szenen zeigen, dass die Komplettüberarbeitung gut getan hat. Die Atmosphäre ist einfach genial. Eure Widersacher erinnern immer noch stark an die Zombies aus den Vorgängern. Sie scheinen willenlos alles unter die Erde bringen zu wollen, was nicht zu ihnen gehört. Doch was macht die Dörfler so gefügig und wem gehorchen sie? Die Antwort auf diese Fragen werdet ihr schneller erfahren, als euch lieb ist. Besonders schlimm sind die Angriffe der Kettensägenmörder. Wie aus heiterem Himmel stürzte sich einer von ihnen auf mich, rangelte mit mir und schnitt mir letztendlich den Kopf ab. Bei dieser Szene raste mein Herz wie wild, und der Adrenalinausstoß stieg ins Unermessliche.

El Gigante
Zu den wohl gravierendsten Neuerungen gehören die Gegner. Ihre Vielzahl ist schier unglaublich im Vergleich zum letzten Teil. Da wären zum einen die normalen Dorfbewohner, die euch mit Mistgabel oder Messer angreifen. Die Erweiterung davon trägt den Namen "Regenerados" und ist gleich nochmal so gefährlich. Sie haben die Eigenschaft abgeschossene Körperteile zu regenerieren. Nur durch den Schuss an eine bestimmte Stelle am Körper könnt ihr sie zur Strecke bringen. Dann wären da noch die Mönche, Heuschrecken, diverse übergroße Zwischengegner und und und. Was die Dorfbewohner und die Zombies verbindet, ist ihre Geschwindigkeit. Wirklich schnell agieren die Herrschaften ja nicht - sie sind aber auch nicht minder gefährlich.

Besonders schön sind die Animationen aller im Spiel vorkommenden Figuren. Schießt ihr einem Angreifer in die Schulter, wirft der Druck der Kugel ihn nach hinten. Schießt ihr ihm den Kopf von der Rübe, läuft er noch ein Stück weiter, bevor er umfällt - das Blut schießt dann aus seinem Hals. Für diese Aktionen gab es wohl dann auch die Einstufung "ab 18 Jahren". Hat euch ein Gegner am Kragen, könnt ihr ihn mit wildem Tastengehämmer abschütteln. Diese QTEs (Quick Time Events), die ihr sicher schon aus Spielen wie Shen Mue kennt, erscheinen immer mal wieder im Spiel. Hierbei drückt ihr eine Tastenkombination ganz schnell, wenn sie auf dem Bildschirm erscheint. Dadurch weicht Ihr einem Felsbrocken aus, zerschneidet ein Seil oder schwimmt schnell zurück zu eurem Boot. Habt ihr den Dreh erst mal raus, ist es gar nicht so schwer wie es sich anhört, ein Fehler kann aber den Kopf kosten.

Erfrischend einfach sind auch die Missionen, in denen ich die Präsidententochter beschützen muss. Mein erster Gedanke war: "Oh nein, wenn ich dieses Balg retten muss, dann gute Nacht". Aber glücklicherweise hat die kleine Ashley eine gute Erziehung genossen und hört aufs Wort. Per Tastendruck kann ich ihr befehlen stehenzubleiben, mir zu folgen oder sich zu verstecken. Aber Vorsicht! Stirbt Ashley, ist dies das sichere Aus - die Mission ist gescheitert.

Herrlich einfach
Praktisch alle Kritikpunkte der vergangenen Teile wurden ausgemerzt. Die ewigen Ladezeiten sind auf ein Minimum reduziert: Die längste Wartepause dauerte gerademal fünf Sekunden. Das nervige Kistensystem zum Verstauen der Items wurde komplett überarbeitet. Euer "Aktenkoffer" fasst 77 Plätze und kann später sogar noch aufgestockt werden. Während ein Medispray gerade mal zwei Plätze benötigt, nimmt die Schrotflinte schon mal deren acht weg. Das Verstauungssystem artet regelrecht in Hamstern aus, wenn ihr versucht noch ein wenig Platz für eine weitere Handgranate zu schinden. Herrlich einfach eben!

Der Schwierigkeitsgrad wurde um ein vielfaches nach unten geschraubt, Rätsel sind zur Seltenheit geworden. Meist ist es von vornherein klar, wie bei der Lösung vorgegangen werden muss. Das erleichtert den Spielablauf, und es gibt vor allem keine Herauszögerungen mehr, weil ihr den benötigten Gegenstand nicht findet. Waffen findet ihr nur selten, dafür steht euch an diversen Orten ein vermummter Händler zur Verfügung. Er bietet Feuerkraft gegen Bares und tauscht eure gefundenen Schätze gegen harte Münzen. Außerdem bietet er Tuning für die Schießeisen an. Mehr Feuerkraft, kürzere Ladezeiten oder mehr Fassungsvermögen für die Magazine. Diese Upgrades sind spätestens nach vier Stunden Spielzeit auch notwendig. Ab dann greifen die Gegner in großen Gruppen an - wirklich kein Zuckerschlecken, aber mit der Munition, die ihr übrigens zu Genüge findet, machbar.

Wem das dann trotzdem noch zu schwer ist, der greift auf das offizielle Lösungsbuch von Future Press zurück. Hier erfahrt ihr bis ins kleinste Detail und mit farbigen Bildern versehen neben den Lösungswegen auch, wo sich welcher Schatz verbirgt, wie ihr selbst den schwersten Gegner plättet und wie die Nebenmissionen zu meistern sind. Letztere ergänzen die Story. In Assignment Ada erfahrt ihr mehr über die mysteriöse Schönheit, die anscheinend mehr als gut mit Leon befreundet ist. Auch diese Missionen werden perfekt im Lösungsbuch beschrieben, so dass ihr alle Goodies freischalten könnt. Für alle Analphabeten unter euch gibt's den kompletten Lösungsweg dann noch mal mit Videos im Internet nachzulesen.

Ein Manko konnte ich dann aber doch noch finden: die fehlende Lokalisierung der Sprachausgabe. Untertitel lesen macht nur halb so viel Spaß wie alles zu verstehen. Außerdem lenken die Untertitel zu oft vom Geschehen ab. Der europäische und gerade der deutsche Markt gehört zu den größten Absatzmärkten für Capcom-Produkte. Trotzdem hat sich Capcom mit dem Sound Mühe gegeben. Raumklang und eine einzigartige Soundkulisse machen Resident Evil 4 zu einem audiovisuellen Erlebnis. Und wenn ihr erst mal einen Priester etwas in Latein vor sich hinmurmelnd auf euch zuschleichen gesehen habt, gefriert euch das Blut in den Adern.

Fazit
Wusch, ein Beil fliegt haarscharf an meinem Ohr vorbei. Boom, eine Dynamitstange explodiert vor mir. Wow, die Grafik von Resident Evil 4 ist einfach grandios! Da sag doch noch mal einer was von wegen Performance. Das, was Capcom uns da auf dem Silbertablett präsentiert, ist alles andere als schlecht performt. Es hat mir immer wieder Spaß bereitet, diesen Schocker zu spielen. Und bei einem Mal bleibt es dank des riesigen Umfangs nicht: Die circa 18 Stunden Spielzeit, die Kostüme, die ihr nach Abschluss bekommen könnt und die Nebenmissionen - die Summe ergibt das beste Survival-Horror-Spiel 2005, das Sammler unbedingt haben müssen. Ein Bonus ist, dass RE4 wie bereits Killzone und Metal Gear Solid 3 in einer genialen Tinbox erscheinen. Wenn das mal kein Grund ist, sich das Spiel zuzulegen.


Karsten Recktenwald - 24.11.2005



Gesamtübersicht: Resident Evil 4

Unsere Bewertung:

Langzeitmotivation:
92%
Sound:
90%
Grafik:
91%
Singleplayer:
92%
Informationen zum Spiel:

Hersteller:

Publisher:

ca. 60 Euro
Preis:

Deutsch / Englisch
Sprache:

Survival-Horror
Genre: