Imperial Glory
Vor ungefähr 200 Jahren weilte wohl noch keiner von uns unter den Lebenden. Denn wenn dem so gewesen wäre, wären wir Zeugen einer Zeit, in der Europa (mal wieder) von einem Krieg nach dem anderen heimgesucht wurde. Es war die Blütezeit der großen Feldherren, und Soldat zu sein bedeutete noch, auf dem Schlachtfeld nach Ruhm und Ehre zu trachten. Wer sich in diese oft verklärte Zeit zurückversetzen möchte, erhält mit Imperial Glory nun Gelegenheit dazu, denn hier kann man ganz wie in Rome: Total War ein Reich lenken und gleichzeitig alle Schlachten höchstpersönlich schlagen.
Auf weise Weise Weiße lenken
Das Hauptgeschehen findet in Imperial Glory auf einer brettspielartigen Karte statt, die aus der Draufsicht präsentiert wird. Je nachdem, für welche Nation man sich zu Beginn entschieden hat (zur Auswahl stehen Preußen, Großbritannien, Frankreich, Österreich und Russland), fängt man an, das Kerngebiet des Landes und die umgebenden Provinzen zu verwalten. Um vieles muss sich gekümmert werden - Forschung, Infrastruktur und selbstverständlich auch um das Militär. Die zu Anfang verfügbaren Truppen, die durch kleine Soldatenfiguren repräsentiert werden, genügen schließlich kaum um die ganze Welt zu erobern, was eines der beiden zur Wahl stehenden Ziele der Kampagne darstellt. Das andere besteht darin, in einem Zeitraum von 40 Jahren am meisten Punkte gesammelt zu haben, entweder auf friedliche Weise oder militärisch. Die ersten Handlungen bestehen also darin, Forschungsziele vorzugeben und eine Militärakademie zu errichten, was jedoch nur in dem Territorium möglich ist, in dem auch die Hauptstadt liegt. Das spielt sich sehr ähnlich wie in vergleichbaren Spielen, allerdings ist die Bedienung zunächst etwas ungewohnt. So kann man Handelsschiffe nur in einer speziellen Wirtschaftsansicht sehen, was man allerdings gerne öfter mal vergisst und so seine Flotte erst nach einigen Runden effektiv einsetzen kann. Der Binnenhandel und der Handel mit anderen Nationen ist ein wichtiges Instrument, um an das für den Aufbau des Reiches so sehr benötigte Gold zu gelangen. Auf dem Land errichtet man hierzu Handelsposten in ausländischen Hauptstädten oder erschließt mit den Handelsschiffen Routen zur See. Insgesamt gesehen ist der Aufbau-Teil solide, aber man vermisst doch das Element, das einen entscheidend motiviert. Beispielsweise kann man sich nicht durch die Wahl eines bestimmten Forschungszweigs von der Konkurrenz unterscheiden, sondern muss brav alles abarbeiten, lediglich die Reihenfolge bleibt einem selbst überlassen. Zudem wird das Geschehen relativ unspektakulär vermittelt. Die Karte weist keine hübsch anzusehenden Details auf, wie es etwa bei Rome: Total War der Fall ist. Auch mangelt es an Persönlichkeiten. Man bekommt den Anführer seines Reiches nie zu sehen, lediglich für den Spielverlauf vollkommen unwichtige Dinge kann man in Bezug auf die eigene Familie regeln, zum Beispiel, ob der Sohn nun Friedrich oder Wolfgang heißen soll.
Diplomaten, bis an die Zähne bewaffnet
Eine große Rolle spielte damals wie heute der mehr oder weniger freundliche Umgang mit anderen Staaten. Imperial Glory bietet einem hier theoretisch eine Fülle an Möglichkeiten, durch die man sich mit seinen Nachbarn sogar so gut stellen, dass sie nach einer Weile sogar von sich aus das Handtuch werfen und dem eigenen Reich beitreten. Man kann Tauschgeschäfte aushandeln, und mit der Zeit werden die diplomatischen Optionen immer vielfältiger. Wenn einem ein Gegner zu stark scheint, um ihn allein zu überwinden, so schmiedet man halt eine Allianz mit anderen Ländern und lässt den Feind so an verschiedenen Fronten zu Verzweiflung gelangen. Wichtig soll hierbei ein Wert von null bis einhundert sein, der einem anzeigt, wie beliebt man bei einem bestimmten Land ist. Später kann man diesen sogar durch Geldgeschenke erhöhen. Doch leider sieht es in der Praxis anders aus. Es ist eigentlich vollkommen egal, ob man bei Land X nun hohes Ansehen genießt oder nicht. Speziell in den beiden höheren der drei Schwierigkeitsgrade fallen einem die „Freunde“ gerne in den Rücken, und das nicht nur einmal. Hat man sich etwa für teures Geld einen Friedensvertrag erkauft, weil man momentan noch nicht über die für einen Krieg notwendigen Kapazitäten verfügt, so kann es durchaus passieren, dass man in der nächsten Runde wieder eine Kriegserklärung desselben Landes auf dem Tisch liegen hat. Das mag zwar ab und zu realistisch erscheinen, doch wenn man trotz der andauernden Kriegserklärungen kaum noch dazu kommt, nebenbei sein Reich aufzubauen, wird es einigermaßen unfair. Zumal man es oft nicht nur mit einem Gegner, sondern einem ganzen Bündnis zu tun hat.
Mit wehenden Fahnen
Zu Wasser, zu Lande und nicht in der Luft bekriegt man sich, wenn den Herrschenden wieder einmal nicht nach Frieden ist. Bei den Landschlachten stehen einem Infanterie, Kavallerie und Artillerie zur Verfügung. Für jemanden, der sich in dieser Epoche nicht so sehr auskennt, wirken die Einheiten historisch durchaus korrekt. Sogar Formationen kann man auswählen. Laufen die Musketiere in der Kolonne am effektivsten, so eignet sich die Linienformation besonders dann, wenn man den heranstürmenden Gegner zunächst mit ein paar Gewehrsalven bedenken will. Gegen Kavallerie dagegen ist es am besten, sich im Quadrat aufzustellen. Auch die Schlachten von Imperial Glory sind in der Theorie eine komplexe Sache: Oftmals besteht das Ziel darin, ein oder mehrere Punkte auf der Karte zu halten. Bäume und Barrikaden dienen als Deckung, und sind die dicken Kanonen erst einmal in Position gebracht und aufgestellt, wird es ungemütlich für den Feind. Allerdings verderben hier ebenfalls einige Schönheitsfehler den Gesamteindruck. So ist der Fernkampf beispielsweise von bestechender Ineffektivität. Somit ist es kaum möglich, ein Gefecht einigermaßen unbeschadet zu überstehen, denn letztlich muss man sich durch eine schiere Überlegenheit an Masse im Nahkampf behaupten. Wer dagegen die ungleich realistischeren Gefechte von Rome: Total War kennt, wo sich Armeen teilweise minutenlang belauern und die Kavallerie benutzen, um den Feind von seiner Position wegzulocken, fühlt sich hier in seinen Möglichkeiten arg beschränkt. Zudem ist die KI nicht sehr intelligent. Hält der Computer eine Schlüsselposition, genügt es bereits, mit ein paar Kanonenschüssen die ganze Truppe auf die eigene Position zustürmen zu lassen, obwohl es aus Sicht der KI klüger wäre, entweder abzuwarten und so lange auszuharren, bis der Countdown abgelaufen und damit der Sieg sichergestellt ist, oder mit einer Abteilung der Kavallerie dafür zu sorgen, dass die Kanonen ausgeschaltet werden. So jedoch verkommen die Landgefechte zu reinen Materialschlachten, nach denen man sich stets mit neuen Truppen versorgen muss. Zu Wasser sieht es nicht viel besser aus. Die umständliche Steuerung sorgt dafür, dass speziell die größeren Schlachten zu echter Arbeit ausarten, denn man hat im Grunde auch immer nur dasselbe zu tun. Man mag zwischen verschiedener Munition wählen können, um so entweder die Mannschaft zu töten oder den Pott manövrierunfähig zu machen. Hat man den Dreh aber erst einmal raus, wird man kaum herumexperimentieren. Störend ist für die meisten sicher auch, dass man weder bei den Land- noch bei den Seeschlachten während der Pause Befehle erteilen kann.
Klare Sicht auf Mann und Maus
Da man auf die arg zweckmäßige Grafik der 2D-Karte wohl nicht groß einzugehen hat, wenden wir uns gleich den Schlachten zu. Diese sehen sehr hübsch aus. Allerdings nur solange, wie man nicht auf Details achtet und schon gar nicht nahe an das Geschehen heranzoomt. Denn dann merkt man, dass die schönen Kanoneneinschläge eigentlich ziemlich unspektakulär aussehen, oder dass die Animationen recht abgehackt wirken. Bäume bestehen lediglich aus einem Stamm, auf dem eine Bitmap thront, was denselben von allen Seiten gleich erscheinen lässt. Der Detailgrad der Figuren ist ebenfalls nicht sehr hoch. Positiv ist die Darstellung der Landschaften, auf denen einige Details für Abwechslung sorgen. In den Hauptstädten der Länder gibt es aufwendig gestaltete Paläste zu bestaunen, die dann auch gleich erobert werden dürfen. Und auch das Wasser bei den Seeschlachten macht einen realistischen Eindruck. Insgesamt gesehen ist die Grafik nicht so gelungen wie bei Rome: Total War, und das, obwohl die Armeen nicht so groß sind. Dennoch kann man durchaus mit dem Gezeigten leben.
Fazit
Imperial Glory kann denjenigen empfohlen werden, die ein ausgesprochenes Faible für die behandelte Epoche haben, oder den Profis, die von Rundenstrategie gepaart mit Taktikschlachten nie genug bekommen können. Über die Güte des Mehrspielermodus lässt sich leider nicht viel sagen, da dieser beim Test wahrscheinlich durch den Zusammenhang mit Gamespy, über den man Mitspieler findet, bei einigen Leuten Probleme verursacht. Jedoch kann man sowieso nur die Schlachten spielen, welche ja auch nicht gerade die größte taktische Tiefe bieten. Für Einsteiger ist Imperial Glory nichts, dafür sind die nicht nachvollziehbare KI und die biedere Präsentation einfach eine zu große Motivationsbremse, zumal man besonders zu Beginn einer Kampagne kaum dazu kommt, Schlachten zu schlagen, sondern die ersten Jahre fast nur damit zu tun hat, die Wirtschaft in Gang zu kriegen. Profis und Geschichtsfans mögen jedoch zuschlagen, sofern sie Rome: Total War nicht mehr sehen können.
Gesamtübersicht: Imperial Glory
Unsere Bewertung:
Langzeitmotivation:
Langzeitmotivation:
68%
Sound:74%
Grafik:73%
Singleplayer:72%
Informationen zum Spiel:
Hersteller:
Hersteller:
Publisher:
Pentium III 1 GHz; 256 MB RAM; GeForce 3/Radeon 8500+ (exklusive GeForce 4); DVD-ROM-Laufwerk
System:
2,5 GB
CD/HD:
ca. 45 Euro
Preis:
Deutsch
Sprache:
Strategie
Genre: