Wer die Rocky-Filme kennt, sieht das Boxen mit ganz anderen Augen, als derjenige, der sich Boxen im TV anschaut. Die Stars aus unserem Lande hießen früher Henry Maske, Sven Ottke oder Axel Schulz. Letzterer wurde allerdings (wohl nicht umsonst) auch als weicher Riese bezeichnet. Unbeschreiblich natürlich ist dagegen Boxlegende Max Schmeling - der wohl größte Boxstar deutscher Geschichte, der einst Weltmeister Joe Luis niederrang. Wollt ihr euch zumindest virtuell der Reihe dieser Boxer anschließen, dann sagt euch unser Test, ob ihr das mit Fight Night Round 2 tun solltet.

...und jetzt klopfst du am Thron von Mister Universum. Nimm allen Mut, und stoße ihn herunter!" (Mickey Goldmill, Rocky I).

Langsam ziehen die Bilder meiner Karriere an meinem inneren Auge vorbei. 24 Profikämpfe habe ich hinter mir. Mit 24 Knockouts in den ersten vier Runden meine Gegner auf die Bretter geschickt. Heute Abend aber wird es ein besonderer Kampf werden. Ich kämpfe gegen den amtierenden Weltmeister im Schwergewicht. Und ich greife nach dem Thron von Mister Universum. Bereit, ihn herunter zu stoßen. Bereit, den Thron selber zu besteigen! Die Musik ertönt, it's showtime!

Ihr PS2-Jünger interessiert euch fürs Boxen, wollt euch aber nicht eure hübsche Nase platt hauen lassen? Dann schaut euch das neue EA Sports Fight Night Round 2 an. Der Nachfolger von EA Sports Fight Night 2004 kommt mit einer Reihe neuer Features und Veränderungen daher und bringt die Live-Atmosphäre aus dem Ring in euer Wohnzimmer. Egal, ob ihr dabei mit einem der vorhandenen Boxer wie Evander Holyfield oder dem legendären Muhammad Ali in den Ring steigt, oder euch doch für einen selbst erstellten Boxer entscheidet. Bei letzterem verpasst ihr ihm einen eigenen Namen und wählt neben dem Spitznamen, mit dem der Boxer während der Kämpfe benannt wird, auch die Heimatstadt aus. Aus Deutschland sind diesmal Berlin und München dabei. Wichtig ist die Wahl der Gewichtsklasse und des Boxstils. Jetzt noch schnell Hautfarbe, Größe, Körperbau (Muskeln, Fett, etc.) und Kopfform (Schädel, Augen, Ohren, Mund und Haare) gewählt, und schon kann es losgehen.

Im Amateurbereich startet eure Karriere. Hier werdet ihr wie in einem Tutorial in das Spiel eingewiesen und dürft nach einigen erfolgreich absolvierten Fights um den Amateurmeistertitel kämpfen. Wer keine Lust auf Amateurkämpfe hat (sie bringen zwar Erfahrung aber wenig Geld), kann gleich ins Profilager wechseln. Im Profibereich schlagt ihr euch nicht mehr auf Rummelplätzen um ein paar Hundert Dollar. Hier geht es um größere Kuchenstücke. Gewonnenes Geld kann in neue Ausrüstung oder bessere Leute investiert werden. Hier sind die Möglichkeiten allerdings etwas beschränkt. Während man eine Riesenauswahl an Ausrüstungsgegenständen hat (Hosen und Schuhe in allen Farben und Variationen, Tatoos etc.), stehen einem nur drei Trainer beziehungsweise Cutmen zur Auswahl. Auch die Einmarschmusik und die Einmarscheffekte beschränken sich auf wenige verschiedene Titel respektive Auswahlmöglichkeiten.

Bevor ihr euch jedoch auf den ersten Kampf stürzt, sind noch einige Entscheidungen zu treffen. Gegen wen geht es? Welche Musik soll euch beim Einmarsch begleiten? Welcher Trainer, welcher Cutman sollen mit am Ring sein? Brauchen wir wirklich ein sexy Bunny im Gefolge? Natürlich muss unser Boxer auch noch ein wenig trainieren - also ab in die Trainingshalle mit ihm. Die sieht zwar immer gleich aus, lässt Euch aber die Wahl zwischen automatischem Training und selber abgehaltenem Training. Trainiert selber - so habt Ihr mehr Einfluss auf die Werte des Boxers. Die Geschwindigkeit erhöht Ihr am Kombi-Dummy, die Kraft beim Gewichtheben oder beides am Sandsack. Training erfolgreich abgehalten? Dann nichts wie ab in den Ring.

Der Einmarsch der beiden Boxer ist optisch sehr gelungen. Mal verbeugt sich unser Boxer vor seinem Publikum, mal tänzelt er wie ein Showman zur Musik und hin und wieder geht er vollkommen konzentriert zum Ring. Vorgestellt wird er dabei kurz mit Spitznamen und Herkunftsort durch den Ringsprecher. Anschließend heißt es: Ring frei zur Runde 1!

Schnellen Schrittes kommt der Gegner auf uns zu. Seine Aggressivität ist in seinen Augen zu erkennen. Er will sich nicht durch uns aufhalten lassen. Muss er aber, denn ein rechter Haymaker trifft ihn am Kopf. Er taumelt zurück. Mit drei aufeinander folgenden Jabs treffen wir ihn erneut am Kopf, dann ein linker Haken und noch ein Jab hinterher. Ein guter Auftakt für uns. Noch ein Uppercut und ein linker Haymaker, gefolgt von einem rechten. Zwei Jabs, und wir können erkennen, dass der Gegner schwer getroffen ist. Jetzt nicht nachlassen - nachsetzen ist angesagt. Wir zermürben ihn mit einer Kombination nach der anderen und lassen einen krachenden Haken folgen. Schwer getroffen geht er zu Boden und wird angezählt. Besser konnte die Runde 1 nicht laufen. Während unser Cutman in der Pause nichts zu tun hat, kommt der andere mit dem "Zusammenflicken" nicht hinterher. Unser Trainer lobt uns für diesen phantastischen Start. In Runde zwei geht alles ganz schnell. Ein paar Jabs hier, ein paar Haken da - der ein oder andere Haymaker zwischendurch, und unser Gegner steht nicht mehr auf. Sieg durch Knockout.

Die intuitive Steuerung aus Fight Night 2004 hat EA Sports hier konsequent fortgeführt und durch den Haymaker ergänzt. Joypad-Akrobaten lernen schnell, hübsche Kombinationen ein- und Schläge mit maximaler Power anzusetzen. Auch der neue Cutman, der in der Pause für Schmerzlinderung sorgt, macht durchaus Sinn. Mit ein wenig Übung bekommt ihr Verletzungen und Schwellungen, die einmal zu stark geworden auch zum Kampfabbruch führen können, besser in den Griff. Wer den Cutman nicht selber spielen möchte, kann ihn auch automatisch seine Arbeit verrichten lassen.

Grafisch macht Fight Night Round 2 einiges her. Im Gegensatz zu Fight Nicht 2004 sieht man schon während des Kampfes sehr deutliche Spuren im Gesicht des Boxers. Schwellungen, Risse in der Haut, Blut, welches das Gesicht herunterläuft - auf viele Kleinigkeiten wurde geachtet. Die Boxer sehen sehr detailliert aus, was man vom Publikum nicht erwarten darf. Die Hintergründe sind zwar animiert und sehenswert, wirken aber im Allgemeinen etwas zu weich. Die zur Auswahl stehenden HipHop-Songs hören sich allesamt recht gut an, ein paar mehr hätten es aber durchaus sein dürfen. Anders der Kommentar während des Kampfes. Der passt sehr gut zum Geschehen. Eine gelungene Kombination oder ein krachender Haymaker werden entsprechend gewürdigt. Auch wenn sich der Kommentator hin und wieder wiederholt, trägt er maßgeblich zur Atmosphäre des Kampfes bei.

Trotz der einen oder anderen Kritikpunkte hat sich EA Sports selber vom Thron gekickt. Fight Night 2004 wurde von seinem eigenen Nachfolger als bestes Boxspiel abgelöst. Auch wenn der Karrieremodus ein wenig ausführlicher und mit ein wenig mehr Tiefgang hätte daherkommen können, gibt es derzeit kein besseres Boxen für die PS2. Daher mein Rat an alle Möchtegern-Rocky-Balboas: Fight Night Round 2 zulegen und eifrig auf der PS2 trainieren! Nase und Gesicht werden es euch danken!

.. und euch vor ähnlichen Dialogen wie dem zwischen der britischen Boxlegende Henry Cooper und der erklärten Boxgegnerin Baroness Edith Summerskill auf einem Empfang schützen (Quelle: http://www.boxingpress.de/zitate.html):

Baroness: Mister Cooper, hatten Sie kürzlich die Möglichkeit, in den Spiegel zu blicken und den Zustand Ihrer Nase zu begutachten?

Cooper: Madam, haben Sie mal in den Spiegel gesehen und sich den Zustand Ihrer Nase angeschaut? Boxen ist meine Entschuldigung! Und Ihre?