Das Sortiment an "Tycoon"-Spielen ist bereits äußerst umfangreich, doch nun wird die Palette mit dem Zirkus Tycoon weiter ausgebaut. Sicher ist das Management eines Zirkus nicht für jeden etwas, aber einige Simulation-Fans interessiert es sicher brennend, was Reality Flux da zusammen gebastelt hat. In diesen Zeiten ist es sicher nicht leicht, einen Zirkus erfolgreich am Leben zu halten. Ob es sich denn lohnt, Geld und Zeit dafür zu investieren, könnt ihr in unserem Test herausfinden.

Schon früher sagte ich mir: "Wenn ich einmal groß bin, will ich zum Zirkus gehen." Dieser Wunsch änderte sich mit dem Lauf der Zeit und statt mit der Manege beschäftigte ich mich erst einmal so richtig ausführlich mit Buchführung und BWL. Welch ein netter Umstand, dass ich mich für Spieleflut jetzt mit dem Management eines Zirkus auseinandersetzen darf. In Activisions Value-Serie erschien nun der Zirkus Tycoon, welcher empfohlen wird vom Circus Roncalli. Genau, das ist eben jener bekannte und berühmte große Zirkus. Und mit Zirkus Tycoon darf auch ich mich endlich mal wie der große Bernhard Paul fühlen und einen ganzen Zirkus managen. Was, ihr wisst nicht, wer Bernhard Paul ist?

Dann sind wir aber froh, dass wir den Zirkus Tycoon unser eigen nennen, denn der rollt die Geschichte des berühmten Zirkus anhand diverser Schautafeln auf. Den ersten Auftritt absolvierte Bernhard Paul demnach am 18. Mai 1976. Also noch vor meiner Geburt trat er erstmals mit dem Zirkus auf. Das bescheidene Motto der Veranstaltung war "Die größte Poesie des Universums". Ein bisschen hoch gegriffen, denn bereits ein Jahr später ging die "größte Poesie des Universums" den finanziellen Bach runter. Fortan tingelte Bernhard Paul als Clown durch die Gegend. Zusammen mit einigen Freunden, die an ihn glauben, beginnt er mit dem Neuaufbau und am 04. Juni 1980 startet der Circus Roncalli tatsächlich erneut - diesmal jedoch zu einer unvergleichlichen Erfolgsgeschichte.

Die Geschichte des Zirkus, wie auch einige Logos, sind aber auch schon das einzige, das das Game und der reale Zirkus gemeinsam haben. Denn bereits vor wenigen Monaten in Amerika erschienen, hat es der dortige Circus Tycoon nun erst als Zirkus Tycoon empfohlen vom Circus Roncalli mit etwas Verspätung auf den deutschen Markt geschafft. Dabei wurde das Spiel "komplett eingedeutscht". Ihr beschäftigt euch vorrangig mit dem Management des Unternehmens. Heuert Artisten an und verwaltet das Zirkusareal. Errichtet neue Attraktionen, um noch mehr Publikum anzulocken. Euer Ziel vor Augen, den "weltbesten Zirkus mit atemberaubenden Zirkusnummern, Tierattraktionen und spannenden Fahrgeschäften errichten", dürft ihr aber nicht vergessen, dass eure Angestellten nicht nur Tiere sind. Entsprechend wollen die Zirkus-Mitarbeiter auch behandelt werden. Besorgt ihnen Unterkünfte, Duschmöglichkeiten, Kantinen für den Imbiss zwischendurch. Und das möglichst abgeschieden von den Besuchern.

Wählen könnt ihr das freie Spiel oder aber ihr nehmt nacheinander eine der Herausforderungen in 15 verschiedenen Orten auf der ganzen Welt an. Wichtig für Anfänger ist es, dass ihr erst einmal das Tutorial durchspielt. Nur so könnt ihr die Feinheiten vom Spiel kennen lernen. Während ihr in den Missionen verschiedene Aufgaben in vorgegebener Zeit zu lösen habt, steht euch im freien Spiel alle Zeit der Welt zur Verfügung. Habt ihr nun letzteres gewählt und euch zudem für einen Schwierigkeitsgrad entschieden, taucht ihr tief ein in den Elefantendung, denn zuerst einmal müssen entsprechende Attraktionen und Fahrgeschäfte gekauft werden. Hierzu stehen euch mehr als 80 Gegenstände zur Verfügung. Essensbuden unterschiedlichster Art, Riesenrad, Wasserrutsche, Achterbahn, Souvenirstände, Getränkebuden und vieles Mehr. Für eure Angestellten kauft ihr entsprechende Wohnwagen und Zubehör wie Duschen, Pflanzen, Hecken, Krankenstationen, Kantinen etc. All das kann im 90-Grad-Winkel gedreht werden und so wird langsam aus einem kleinen Wanderzirkus ein großer Freizeitpark - entsprechende Besucher vorausgesetzt, wird es sogar ein großer lukrativer Freizeitpark. Und ihr habt fortan eure Schäfchen (zumindest im Game) im Trockenen.

Grafisch kommt der Zirkus Tycoon ziemlich schlicht daher. Alles wirkt pixelig und je näher man heranzoomt, desto unschärfer wird es. Hinter aktuellen Strategiespielen hinkt es also grafisch meilenweit her. All das wird durch ziemlich hässliche und detailarme Statistiken ergänzt. Ein schlechter Witz sind wohl die kleinen Minispiele zwischendurch. Früchtefangen oder das Schießbudenschießen sind weder optisch, noch spielerisch ein Leckerbissen. Ärgerlich - die deutschen Übersetzungen passen nicht immer wirklich in das vorgegebene Textfeld und überschneiden sich hin und wieder mit anderen Symbolen. Dieser schlechten Vorstellung fügt sich nahtlos die Musik an. Das Gedudel der Musik schaltet man spätestens nach fünf bis zehn Minuten ab. Einzig die Zirkusvorstellung selber, die man bei geöffnetem Zirkuszelt von schräg oben beobachten darf, ist etwas amüsanter. Man sieht nicht nur, wie die Artisten pixelig, aber nett animiert ihre Darbietungen vorführen - das ganze wird zudem noch vom Zirkusdirektor anmoderiert. Und wie es sich für ein eingedeutschtes Spiel gehört, ist das alles fein auf Englisch! Ein Soundgag: Das Spiel kommt "surround" daher - wer sich nach rechts vom Zirkuszelt entfernt, hört den Sound nach links verschwinden. Das macht zwar in dem Fall wenig Sinn - hört sich aber ganz okay an.

Nein, der Zirkus Tycoon ist nicht die Erfüllung eines Jugendtraums. Das ganze Spiel kommt ziemlich öde und langweilig daher. Weder optisch noch musikalisch haut mich das Ganze vom Hocker. Schon in Saarbrücken habe ich einen großen Bogen um den Circus Roncalli gemacht und das werde ich wohl auch in Zukunft (nicht nur bei Roncalli) machen. Meine Liebe zum Zirkus habe ich durch dieses Spiel nicht entdecken können und so bleibt mir Pennywise, noch immer der liebste Clown! Hardcore-Wirtschaftssimulanten dürfen aber für 30 Euro einen Blick drauf werfen und werden vielleicht ihren Spaß finden.