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Port Royale 2 - Unter vier Augen: Daniel Dumont


Vor auf den Monat genau zwei Jahren hatten wir das Vergnügen, im Vorfeld der Veröffentlichung von Port Royale den damaligen Projektleiter Daniel Dumont zu interviewen. Jetzt, da Port Royale 2 in den Händlerregalen steht und von der Fachpresse mit Lob und Preisen überhäuft wird, haben wir die Gelegenheit erneut ergriffen und Daniel zu seinem jüngsten Baby befragt. Warum wir hier um Themen wie "Windelwechseln" und "Flasche nuckeln" gerade nochmal so herumgekommen sind, erfahrt Ihr im nachfolgenden Interview mit Port Royale 2 Projektleiter Daniel Dumont.

Zuerst einmal Herzlichen Glückwunsch an Dich und Dein Team - Port Royale 2 räumt derzeit in der Fachpresse und den Onlinemagazinen einen Award nach dem anderen ab. Ein schönes Gefühl und Bestätigung für Eure Arbeit oder? Was geht Dir durch den Kopf, wenn Du all die Lobeshymnen liest und was bedeutet er deinem Arbeitgeber Ascaron?
Eine Bestätigung ist es auf jeden Fall, für jeden einzelnen im Team. Da ich ja den größten Teil des Konzeptes geschrieben habe, ist es natürlich auch eine persönliche Bestätigung für mich. Es gibt ja während der Entwicklung permanent Diskussionen, welches Feature rein soll und welches nicht oder wofür man keine Zeit hat usw. Da ist es nicht immer ganz einfach, zu entscheiden, was nun umgesetzt werden soll. Aber wenn die Kritiken alle so gut sind, ist uns das auf jeden Fall gut gelungen.

Ich persönlich halte Port Royale 2 für das beste Spiel meiner bisherigen Laufbahn als Konzeptautor, Lead Designer und Projektleiter. Wenn andere das auch so empfinden, heißt das für mich auch, dass ich aufgeschlossen genug bin und andere Spieler gut einschätzen kann.
Für Ascaron bedeutet das natürlich, ein weiteres gelungenes Produkt auf den Markt gebracht zu haben. Das erhöht das Vertrauen von Spielern und Fachhändlern in den Namen Ascaron. Leider bedeuten auch sehr gute Kritiken nicht unbedingt sehr hohe Verkaufszahlen, da Port Royale 2 ja an eine relativ begrenzte Zielgruppe gerichtet ist. Doch wir sind in Deutschland seit dem Release ganz oben in den Charts und verkaufen ja in rund 20 andere Länder.

Mit Port Royale - dem Vorgänger - hatten viele Spieler so ihre Probleme. Diverse Updates waren nötig, bis das Game stabil lief. Ein Aufschrei ging durch die Community, Eure Foren waren voll mit - teils heftigen - Kommentaren zum Spiel. Teil 2 dagegen ist erstaunlich fehlerfrei. Nicht ein Absturz während des Tests, nicht ein Logikfehler, der auftauchte. Nichts. Was habt Ihr diesmal anders und vor allem besser gemacht?
Zum einen ist es natürlich immer leichter, einen zweiten Teil zu machen, denn man weiß, worauf man sich einlässt. Wichtig war aber auch, dass wir ein System entwickelt haben, mit dem wir das gesamte Spiel viel besser ausbalancieren können, auch während der Laufzeit. Dies hatte zur Folge, dass wir das Handelssystem viel besser ausgleichen konnten. Außerdem haben wir den Einbau neuer Features sehr frühzeitig abgeschlossen und einen langen Betatest gemacht. Kurz gesagt: wir haben uns mehr Zeit für die Endphase gelassen.

Der Übersichtlichkeit halber darf der Spieler bei den Seeschlachten immer nur ein Schiff nach dem anderen steuern, während der Gegner mit bis zu fünf gleichzeitig angreifen kann. Warum habt Ihr Euch hierfür entschieden, und wie ist das Feedback aus der Community?
Das Feedback war schon während des Betatests sehr gemischt. Die Hälfte war dafür, die andere Hälfte dagegen. Nachdem sich alle daran gewöhnt haben und wir die KI verbessert und die Seeschlachten ausbalanciert hatten, war zumindest niemand mehr dagegen. Alle haben jedenfalls eingesehen, dass die Seeschlachten auf diese Weise actionreicher sind und die Bedienung gerade für Neueinsteiger einfacher ist.

Gepflegte Action, ein ausgeklügeltes Wirtschaftssystem. Reinrassigen Händlern dagegen können die Piraten gehörig auf den Magen schlagen. Warum verzichtet Port Royale 2 hier auf eine Art Kampfautomatik, die z.B. anhand der Konvoistärke und der Erfahrung des Kapitäns den Ausgang einer solchen Schlacht berechnet und bietet lediglich Ausweichen als Alternative zum Kampf an?
Wir wollten nicht, dass sich jemand mit automatischen Kämpfen zu einem gefürchteten Freibeuter entwickelt. Wer nicht kämpfen will, gut. Wer viel Action will, auch gut. Wenn man aber auf automatischem Wege (und damit in sehr kurzer Zeit) andere Konvois vernichten oder Kapern könnte, hätte das eine zu starke Auswirkung auf den Spielmechanismus, denn man könnte aber einer gewissen Machtstellung in kurzer Zeit sehr viele Kämpfe für sich entscheiden. Und das wäre für das Balancing zwischen Kampf und Handel eher negativ.

Die Arbeiten an Port Royale 2 sind abgeschlossen, das Spiel ist im Handel. Was also macht Ihr derzeit, welche Pläne habt ihr nun und was soll als nächstes kommen?
Mein Team macht gerade unterschiedlichste Sachen, beispielsweise hängen wir auch in Webwars Arena und Vermeer 2 mit drin. Ich selbst gehe verschiedenen Spielideen nach, wir werden wohl auch bald mit der Entwicklung eines neuen Spiels loslegen. Aber das ist alles noch streng geheim...

Könnt Ihr Euch vorstellen, das Grundgerüst von Port Royale 2 auch in andere Epochen zu verlegen - z.B. eine Handelssimulation im wilden Westen oder etwa um das Jahr 1900 herum?
Klar, warum nicht. Ich vermute aber, dass die Nachfrage nach klassischen Wirtschaftssimulationen weiter sinken wird. Bevor wir über so etwas nachdenken, müssen wir erst mal sehen, wie PR2 sich so macht.

Eure treuen Fans sind schon etwas Besonderes. Ascaron hat eine eigene Fanseite (Ascaron-Fanpage), traditionell veranstaltet Ihr auch in diesem Jahr wieder das Fanfest. Was dürfen die Besucher hier erwarten?
Grillen, Bier trinken, Fußball spielen und vor allen Dingen viel über unser Hobby diskutieren.

Webwars Arena ist als nächstes Projekt über Ascaron bereits angekündigt, die Arbeiten an Anstoss 5 dagegen momentan gestoppt. Was dürfen wir als sonst noch so aus Gütersloh erwarten?
Auf jeden Fall Vermeer 2, über weitere Dinge kann ich aus Rücksicht (auch unserem Vertriebspartner Take2 gegenüber) keine weiteren Auskünfte geben.

Deine spontanen Antworten auf folgende Stichpunkte?
Daniel Dumont: Überlegt sich, ob er sich einen neuen tragbaren Gasgrill kaufen soll.

Port Royale 2: Mein bisher schönstes Spiel.

Ascaron: Deutschlands letzte traditionelle Spieleschmiede.

Flöttmann: Sehr netter Mensch, der andere mit seinen Plänen und Visionen zu überzeugen weiß.

Gütersloh: Als Stadt etwa so eintönig wie Memphis (Tennessee).

Spieleflut: Der Begriff beschreibt das traurige Phänomen, mit neuen Spielen derart zugeschüttet zu werden, dass man nur wenige Spiele durchspielen kann und manche Spiele, die mehr Einarbeitungszeit erfordern, gar nicht erst anrührt. Trifft vermehrt auf bei Spielentwicklern mit Familie.

Freizeit/Hobbys: Spiele, Filme, Familie, Musik machen, Kochen

Familie: Derzeit sind wir zu dritt. Bald zu viert.

Lieblingsbuch: Klaus Kinskis "Ich brauche Liebe". Ist eigentlich auch ein blödes Buch, aber ich lese wenig Bücher. Dauert immer so lang.

Lieblingsfilm(e): Der unsichtbare Dritte, Batman 1, One Armed Boxer vs. The Flying Guillotine, King Kong gegen Godzilla.

Zukunftswünsche: Gesundheit für mich und meine Familie und immer bessere Spiele machen

Zum Abschluss: Möchtest Du den Fans und den Kritikern von Port Royale 2 etwas mit auf den Weg geben?
Haut rein, Jungs...

Daniel, wir Danken Dir für das Interview und wünschen Dir und der Familie, Deinem Team und Ascaron alles Gute für die Zukunft. Möge die Macht mit Euch sein.

Wenn Ihr Euch ein Bild von Port Royale 2 machen wollt, schaut in unserer Screenshot-Gallery @Spieleflut.de vorbei. Wenn Ihr wissen wollt, was wir von Ascarons aktuellem Spiel halten, lest unser ausführliches Review@Spieleflut.de.



Uwe Billen - 27.05.2004